Umsetzung der Energiewende zu unkoordiniert

31 Mai 2013

Umsetzung der Energiewende zu unkoordiniert

Schon oft habe ich in meinen Blogs die Energiewende thematisiert und dabei die unzureichende Vorbereitung seitens Bund und Land kritisiert. Wie dieser fehlende Masterplan bei der Umsetzung vor Ort zu großen Problemen führen kann, erlebe ich derzeit bei mir fast vor der Haustür im Spessart nahe der hessisch-bayerischen Grenze. Dort wollen die hessischen Gemeinden Flörsbachtal und Hessenforst entlang der früheren Ost-Westquerung, der Birkenhainer Landstraße, insgesamt rund 24 Windkraftanlagen (WKA) bauen. Und auf bayerischer Seite sollen – sofern der WKA-Bau in Landschafts- und Naturschutzgebieten genehmigt wird – weitere acht folgen. Da muss ich als stetiger Befürworter einer Umsetzung der Energiewende ehrlich gesagt tief durchatmen und Luft holen: 32 Anlagen konzentriert auf einer Fläche eines intakten und hochwertigen Naherholungswaldes, da tue ich mir schwer!



Damit würde ein Stück Natur zerstört, indem sich am Wochenende Hunderte und im Winter oft Tausende zum Wandern, Mountainbiken oder Skilanglauf treffen oder einfach die Natur genießen und sich vom Alltagsstress erholen. Wenn man weiß, dass pro Windkraftanlage rund 6000 Quadratmeter Wald gerodet werden muss, dann kann man sich das Ausmaß einmal bildlich vor Augen führen: aus einem wunderschönen Waldbestand wird eine Betonwüste.


Das in meinen Augen Beklagenswerte ist in diesem Grenzgebiet die unterschiedliche Behandlung der Umsetzung der Energiewende seitens der beiden Landesregierungen. Während das Land Hessen keinen Unterschied zwischen privilegierten Flächen, sogenannten Vorbehaltsflächen oder Ausschlussflächen und schützenswerten Landschafts- oder Naturschutzgebieten macht und somit den Windrädern Tür und Tor öffnet, sieht es auf bayerischer Seite anders aus. Bei uns sind derzeit Landschafts- und Naturschutzgebiete noch ausgeschlossen. Allerdings hat sich der Regionale Planungsverband Würzburg, dem der Landkreis Main-Spessart angehört, für eine Überprüfung für die Nutzbarmachung des Naturparks Spessart für Windkraftanlagen entschieden und somit zumindest die Tür einen großen Spalt aufgemacht. Cleverer war man in der Rhön. Hier hat man von vorneherein seitens des Regionalen Planungsverbandes jegliche Windkraftnutzung kategorisch ausgeschlossen.


Sicher ist es schwer nachzuvollziehen, warum auf hessischer Seite Windkraftanlagen gebaut werden dürfen und auf bayerischer Seite nicht. Deshalb ist auch hier vorbehaltlich irgendwelcher entgegenstehender Kriterien damit zu rechnen, dass ein sogenanntes Zonierungskonzept, das einzelne Flächen aus den Naturparks herausnimmt, kommen wird. Zwar haben die umliegenden Gemeinden in den vergangenen Wochen ihre Bedenken gegen die WKA auf hessischer Seite angebracht, doch weiß man aus Erfahrung, dass meistens nur die Fledermaus oder eine Ansammlung an Fröschen oder Rotmilanen hier noch einen wirklichen Einwendungsgrund bedeuten würden, schließlich haben die geplanten Windkraftanlagen allesamt die entsprechenden Abstände zu Wohnbebauungen und Einzelgehöften.



Wie schwierig die Umstellung der Energieversorgung auf regenerative Energieträger ist, habe ich nun an diesem Beispiel erstmals  vor Ort hautnah mit erlebt. Und da ist auch die von mir immer wieder geforderte Bürgerbeteiligung an solchen Anlagen kein Argument mehr, denn die Bürgerbeteiligung ist bei allen geplanten WKA so marginal, dass man sie kaum zu erwähnen braucht. Die Pachtbeträge, die den Gemeinden und Privatleuten in Aussicht gestellt werden, sind dagegen immens. So könnte die Gemeinde Flörsbachtal bei Realisierung all dieser Anlagen jährlich rund 400 000 Euro Pacht für ihren Gemeindesäckel einkassieren. Da frage ich mich ernsthaft, welcher Bürgermeister oder Gemeinderat kann da widerstehen? Möglich ist dies durch die enorm hohe Subventionierung der Windkraftanlagen durch den Staat, die es den Projektträgern derzeit erlaubt, die Bürger und Verantwortlichen einer Kommune mit den Geldscheinen zu überzeugen und Sachargumente erst gar nicht groß zu diskutieren.


Ob so die Energiewende tatsächlich Hand in Hand und mit Überzeugung gelingt, wage ich mittlerweile zu bezweifeln. So habe ich dieser Tage beim Besuch des Burgfestes in der angrenzenden Gemeinde Fellen Befürworter wie Gegner und viele verunsicherte Bürger erlebt. Fragen wie ob alle, die irgendwelche Pachtverträge unterschrieben haben neben den Pachteinnahmen auch das Kleingedruckte gelesen haben und wissen, wer etwa für den Rückbau der Anlagen verantwortlich ist? Oder sind die Verpächter über die Gefahren einer Insolvenz des Projektierers und Betreibers einer solchen Anlage und der Haftung informiert worden, sind für mich in diesem Zusammenhang auch neu. Ehrlich gesagt hatte ich mich damit bis dato auch überhaupt noch nicht befasst und merke jetzt erst nach vielen Gesprächen mit den betroffenen Bürgerinnen und Bürger der Bürgerinitiative, dass es da noch eine Menge Informations- und Aufklärungsbedarf gibt.


Deshalb rudere ich gerne nach ausgiebiger Meinungsbildung ein Stück zurück und plädiere dafür, erst Lösungen für die offenen Fragen der Energiewende wie Speicherkapazitäten und Stromtransport zu finden und dann überlegter an die Umsetzung heran zu gehen als nun an mancher Stelle das Kind mit dem Bade auszuschütten.



 

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