In der Bildungspolitik gibt es einiges zum Nachdenken…

17 April 2011

In der Bildungspolitik gibt es einiges zum Nachdenken…

Für uns Bildungspolitiker gab es diese Woche wieder einiges zum Nachdenken. Erst die Bertelsmann-Umfrage mit dem Ergebnis, dass rund zwei Drittel der Menschen mit dem oder den deutschen Bildungssystemen nicht zufrieden sind und nun die Emnid-Umfrage zu einem bundeseinheitlichen Zentral-Abitur, das auch 79 Prozent der Bundesbürger befürworten. Ich muss ehrlich sagen, verstehen tut dies ohnehin kein Mensch, dass es in der Bundesrepublik 16 verschiedene Bildungssysteme gibt. In meinen Augen auch ein absoluter Schwachsinn und Vergeudung von Volksvermögen. Warum wird nach jeder Landtagswahl wieder irgendwo das Rad neu erfunden? Und alles nur auf Kosten der Kinder und Jugendlichen, denn es kann mir doch keiner widerlegen, dass dies alles nur Unterrichtsversuche am offenen Herzen sind.

Aber ohne richtiggehende Not praktiziert der Freistaat Bayern dies ja schon seit vielen Jahren. Eine R6-Einführung, die zwar zum Erfolgsmodell wurde, aber das komplette Schulsystem auseinander dividiert hat mit den Folgen einer kaum mehr existenzfähigen Haupt-/Mittelschule und räumlich auseinanderplatzenden Realschulen. Eine Hals-über-Kopf-Einführung des G8 ohne Inhalte und Struktur. Und dann notwendigerweise die Mittelschulverbünde als Antwort und Folge auf die R6 mit noch unbestimmten Ausgang!

Interessant ist doch auch die Erkenntnis aus der Bertelsmann-Umfrage, dass die Menschen endlich mal Kontinuität im Schulsystem möchten und nicht ständig eine neue Sau durchs Dorf treiben möchten. Das scheint aber in der Politik immer mehr zur Masche zu werden. Wenn ich mir anschaue, dass ein zu Guttenberg ohne Not die Bundeswehr reformieren will, aber dabei das Ziel gar nicht kennt, Hauptsache Aktionismus, ob sinnig oder unsinnig! Wenn man sieht, dass gleicher Ex-Minister sich ständig in Afghanistan dem Volk zeigen muss, aber damit rein gar nichts politisch bewegt, dann ist das zu viel Show und zu wenig Politik. Und wenn dann Menschen ernsthaft von diesem KTzG behaupten, er sei authentisch, dann haben sie sich ordentlich hinters Licht führen lassen.

Nun ist die Diskussion um ein Zentralabitur in Deutschland von neuem entbrannt. Dass es langfristig kommen muss ist für mich klar, wann es passiert ist noch immer offen. Foto: Gerd Altmann/ PIXELIO



Da bin ich jetzt wirklich gespannt, wie die weitere Diskussion mit einem einheitlichen Zentralabitur oder einer sogenannten Südschiene weiter geht? Ehrlich gesagt, wäre es in meinen Augen wünschenswert, alleine schon um beim Wechsel der Bildungssysteme Schüler und Familien nicht in Zugzwang zu bringen. Doch genauso offen sage ich, dass ich mir das derzeit nicht vorstellen kann. Erst neulich hatte ich eine Mittlere Reife-Prüfung im Fach Mathematik aus Schleswig-Holstein in der Hand. Ich bin wahrlich kein Mathe-Genie und Mathe war mein stets schlechtestes Unterrichtsfach in der Schule, aber diese Aufgaben waren in längstens fünf Minuten auch von mir zu bewältigen.

Insofern wird eine Vereinheitlichung der Standards automatisch zu einer Veränderung des Unterrichts-Levels führen müssen. Und zu glauben – wie Bayerns Kultusminister Spaenle – alle müssen zu den „vorbildlichen“ Bayern aufschauen und unser Niveau annehmen, das ist doch unrealistisch bis zum geht nicht mehr! Zwangsläufig müssten wir Bayern unser Niveau etwas absenken, was in meinen Augen auch gar nicht schlimm wäre. Mein Zahnarzt hat mir kürzlich ein gutes Beispiel vor Augen geführt. Er meinte, dass damals zu seiner Zeit einer seiner Schulfreunde nach der 10.Klasse nach Hessen gegangen sei, dort Abitur gemacht habe, dann Zahnmedizin studiert habe und heute Professor an einer Universität sei. ‚Scheinbar hat es ihm nicht geschadet‘, meinte er und ich muss zustimmen. Ist es nicht die Frage, wie sich ein Student während des Studiums mit den fachlichen Dingen auseinandersetzt und diese dann und auch sich entwickelt?

Ich meine schon, dass unsere bayerischen Schulkinder ein bisschen weniger wissenschaftlicher in der Schule bedient werden und trotzdem am Ende noch Nobelpreisträger werden könnten. So wie das Beispiel meines Zahnarztes zeigt, haben viele erfolgreiche Menschen ihren Weg oft sogar erst über den zweiten Bildungsweg gemacht. Indes eine Erleichterung wäre ein einheitliches Abitur auf jeden Fall bei der Vergabe von Studienplätzen. Die würde dann gerechter ablaufen, weil die Abiturnoten besser miteinander vergleichbar wären.

Da könnte eine sogenannte Südschiene, die wir kürzlich auch schon einmal im Bildungsausschuss des Bayerischen Landtages diskutierten, unter Umständen ein sinnvoller Zwischenschritt sein. Allerdings bin ich mir nach den jüngsten Wahlergebnissen in Baden-Württemberg nicht mehr so sicher, ob die im Dezember von Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern eingeleiteten ersten Schritte zu einem gemeinsamen Abitur nunmehr noch weiter verfolgt werden können. Denn von der damaligen Einigkeit ist nicht mehr viel übrig. Durch den Regierungswechsel in Baden-Württemberg ist äußerst fraglich, ob sich das Land weiterhin an Spaenles "Südabitur" beteiligen wird. In Sachsen-Anhalt geht das Kultusministerium von der CDU an die SPD, was eine weitere Zusammenarbeit beim Südabitur eher unwahrscheinlich macht.

Nahziel soll bei diesen Bemühungen um Vereinheitlichung ein Pool von Prüfungsfragen, zunächst für Mathematik und Deutsch, sein. Aus diesen kann sich jedes Land, das ein vergleichbares Abitur plant, bedienen. Ich bin außerdem der Meinung, dass auch die Prüfungsfragen für den Mittleren Schulabschluss und für den Hauptschulabschluss ein einheitliches Niveau haben sollten.


 

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