GEMA will mit neuem Tarifsystem konsequent Kultur in ländlichen Raum kaputt machen

22 Juni 2012

GEMA will mit neuem Tarifsystem konsequent Kultur in ländlichen Raum kaputt machen

Die GEMA sorgt wieder einmal für Wirbel. Die Gesellschaft für musikalische Aufführungsrechte hat nämlich angekündigt ab 1. Januar 2013 eine neue Tarifstruktur einzuführen. Bisher gibt es 11 Einzeltarife, die viele Jahre für eine relativ hohe Einzelfallgerechtigkeit gesorgt haben. Ab kommendem Jahr sollen diese 11 Tarife durch 2 neue Tarife ersetzt werden. Diese neuen Tarife stellen aber viele Musikveranstalter vor existentielle Schwierigkeiten und gefährden dadurch nicht nur die Existenz vieler Veranstaltungen, sondern auch viele Arbeitsplätze.



Nun gehört die GEMA fast schon zu meinem Leib- und Magenthema, weswegen wir Freie Wähler nun das Thema auch mit einem  Dringlichkeitsantrag in den Bayerischen Landtag eingebracht haben. Darin fordern wir die Staatsregierung auf, sich bei der GEMA dafür einzusetzen, die bisher gültigen elf Einzeltarife beizubehalten. Das Thema scheint so brisant, dass die CSU/FDP sich gleich mit einem nachgezogenen Dringlichkeitsantrag angeschlossen hat.



Die GEMA begründet die Tarifänderung damit, dass neue System sei „ klar, fair und nachvollziehbar“. Kleinere Veranstalter sollen weniger, große Veranstalter mehr bezahlen. Auf den ersten Blick klingt das gut, aber der Teufel steckt im Detail. Denn was die GEMA häufig unter den Tisch fallen lässt: Von den neuen Tarifen profitiert so gut wie niemand, vielmehr gibt es viele Beispiele, wo es zu einer Gebührenerhöhung um mehrere 100 bis 1000 % kommt.


Zu den zwei Basistarifen gesellen sich zudem Zuschläge: Dauert eine Veranstaltung zum Beispiel länger als fünf Stunden, dann erhöht sich der Basistarif um 50%. Nehmen wir als Beispiel eine Musikkneipe mit knapp 110 qm, ohne Eintritt und vier Öffnungstagen pro Woche von 20:00- 2:00 Uhr. Diese musste bisher knapp 1.340 € im Jahr an Gebühren bezahlen. Nach dem neuen Tarif sind jetzt 22.500 € fällig, das ist eine Gebührenerhöhung von 1.585 %!



Genauso geht es den Diskotheken. Da kann man sich ausrechnen, dass viele Diskobetreiber dichtmachen müssen. Und die Betreiber können nicht mal über die Preise gegensteuern: Wenn Sie die Eintrittspreise erhöhen bzw. erheben, dann steigen auch automatisch die GEMA-Gebühren!


Nein, die Gebührenänderung betrifft auch Biergärten, in denen Musik gespielt wird, sie betrifft Schausteller, Heilbäder und Kurorte, ebenso wie kulturelle Veranstaltungen im ganzen Land, sei es der Gospel-Gottesdienst, das Altstadtfest, den Schützenumzug oder die Prunksitzung des Faschingsvereins. Die Bundesvereinigung der Musikveranstalter befürchtet daher auch eine „Verarmung der Veranstaltungskultur“.



Besonders betroffen dürften kulturelle Veranstaltungen, ehrenamtliche Vereine und Kleinkunstveranstaltungen sein. Diese haben schon jetzt häufig mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen, wenn dann noch Preiserhöhungen durch die GEMA hinzukommen, dann bedeutet das das Aus für viele kulturelle Veranstaltungen. Erst in dieser Woche erhielt ich entsprechende Rückmeldung bei einem Vor-Ort-Termin in der Kleinkunstbühne „Spessartgrotte“ in Langenprozelten, die sich auch vehement gegen die Neugestaltung der Tarife aussprechen, weil diese existenzgefährdend seien.





Muss sich dank GEMA, bald ein jeder seine Musik selbst aufnehmen? Foto: Maret Hosemann/PIXELIO;pixelio.de



Das gilt übrigens auch für Veranstaltungen von Kommunen. Diese müssten sich dann überlegen, ob sie künftig nicht Eintritt verlangen müssen, um die Kosten für musikalische Unterhaltung stemmen zu können. Das kann doch nicht im Sinne der Kulturförderung in unserem Land sein. Seien wir mal ehrlich: Wer geht denn dann noch auf die zahlreichen großen und kleinen Feste, wenn man jedes Mal Eintritt zahlen muss? Und welche Kommune, welcher Verein stellt dann noch ein Altstadtfest, Kulturtage oder ähnliches auf die Beine, für die jetzt schon meist zu wenig Geld vorhanden ist?


Wir reden immer davon, dass wir unsere Kultur, Traditionen und Gastlichkeit bewahren wollen, dazu gehören auch die vielen kleinen und großen Feste und Veranstaltungen, dies es bei uns gibt. Dann sollten wir jetzt auch handeln und die GEMA auffordern, ihre neuen Tarife so auszugestalten, dass es auch wirtschaftlich akzeptabel ist. Mir ist durchaus bewusst, dass die GEMA ihrem Vereinszweck nach die Interessen der Kulturschaffenden vertritt. Wir Freie Wähler sind aber auch der Meinung, dass die GEMA ihre Monopolstellung nicht dazu missbrauchen darf, zahlreichen Musikveranstaltern das Wasser abzugraben.


Die GEMA begründet Ihre neuen Gebühren mit dem „Wertschöpfungsargument“. Das heißt, wenn jemand von der Musik eines anderen profitiert, dann soll er dafür einen bestimmten Anteil bezahlen. Wenn ich also eine Musikveranstaltung oder ein Konzert organisiere, dann kommen die Menschen extra wegen der Musik, damit verdiene ich primär mein Geld. Dann ist es legitim, wenn ich einen Anteil für die Nutzung der Musik bezahle. Aber: wo liegt bei einem Restaurantbetreiber, den die Gäste in erster Linie wegen des guten Essens aufsuchen, die Wertschöpfung der Musik, die er vielleicht eher als Hintergrundmusik laufen lässt?


Da ist der Anteil der Musik am Gewinn doch eher marginal, warum soll dieser dann hohe GEMA-Gebühren zahlen? Oder das Einkaufszentrum, die Tankstelle, der Arzt, der im Wartezimmer ein bisschen Musik laufen lässt? Verwundert haben wir Freie Wähler auch zur Kenntnis genommen, dass die GEMA in diesem Jahr die zwei neuen Tarife vorstellt und unmissverständlich zu erkennen gibt, dass die neuen Tarifstrukturen unveränderbar seien, d.h. auch unverhandelbar. Ein dickes Ding!


Dieses Verhalten zeigt klar die Monopolstellung der GEMA auf und lässt den Musikveranstaltern keinen Spielraum für Verhandlungen. Da bleibt nur der Gang vor das Gericht, der mittlerweile auch schon angestoßen wurde.


Und deshalb fordern wir Freie Wähler auch die Staatsregierung auf, sich für eine Aussetzung des neuen Tarifsystems der GEMA ab 2013 einzusetzen, bis die Rechtmäßigkeit gerichtlich überprüft ist. Da gerichtliche Verfahren durchaus bis zu 5 Jahre dauern können, bedeutet dies ansonsten, dass betroffene Veranstalter die neuen Tarife über diesen Zeitraum in voller Höhe bezahlen müssen, auch wenn dadurch ihre Existenz gefährdet ist.


Wir Freien Wähler bleiben bei diesem Thema am Ball und setzen uns für ein gerechteres Tarifsystem der GEMA ein, bei dem die Rechte der Künstler gewahrt bleiben, Musikveranstalter aber trotzdem nicht in ihrer Existenz bedroht werden. Im Übrigen – wie war es anders zu erwarten – die CSU/FDP-Koalition hat unseren Antrag abgelehnt und dafür ihrem eigenen zugestimmt. So ist dann durch den „Anstoß“ der Freien Wähler doch das gleiche Bestreben erreicht worden. So ist halt die Landespolitik!



 

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