Unterrichtsversorgung bei einer Tasse Cappuccino diskutiert

20 Oktober 2012

Unterrichtsversorgung bei einer Tasse Cappuccino diskutiert

Zu einer Tasse Espresso oder Cappuccino habe ich am „Internationalen Tag des Lehrers“ die Schulleiter der Grund- und Mittelschulen aus meinem Landkreis eingeladen, um von ihnen zu erfahren, wie es um die in den Sommerferien so heiß diskutierte Unterrichtsituation an den Schulen im Freistaat tatsächlich steht. Noch tags zuvor hatte im Bildungsausschuss ein CSU-Kollege überzeugt festgestellt: „Es läuft alles rund an den Schulen, alle sind zufrieden!“


Ziemlich genau das Gegenteil berichteten mir die Schulleiter. So kann an meiner Heimat-Grundschule der Pflichtunterricht nur geschultert werden, weil in den Fächern Religion, Werken und Sport große Jahrgangsgruppen aus mehreren Klassen gebildet werden und damit Stunden eingespart werden können. Eine Farce! Es ist ein Unding, was der Freistaat sich hier (nicht) leistet!




Gerd Altmann / PIXELIO / pixelio.de




„Noch läuft es in der Tat relativ rund, doch die Unwucht nimmt Tag für Tag zu“, sagte der Kreisvorsitzende des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), Josef Grodel. Dessen Kollege Rainer Bauer von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) meinte lakonisch, die Situation habe sich verbessert, weil es nicht wieder schlechter geworden sei.


Das größte Problem der Grund- und Mittelschulen ist nach Ansicht der Rektoren die Budgetierung der zugewiesenen Stunden. Sie führt dazu, dass vielen kleinen Schulen nicht einmal die Lehrerstunden zustehen, die sie laut Lehrplan benötigen. Zum Verständnis: Bis vor wenigen Jahren wurden jeder Schule für jede Klasse die Lehrerstunden zugewiesen, die der Lehrplan vorsah. Jetzt aber wird diese Zuweisung nach der Gesamtschülerzahl der Schule bemessen, für jedes Kind gibt es genau 1,31 Lehrerstunden. Eine Klasse mit 25 Schülern erhält demnach rund 30, eine Klasse mit 15 nur 18 Lehrerstunden. Dass aber eine kleine Klasse denselben Bedarf hat wie eine größere, liegt auf der Hand.


Zwar bemüht sich das Staatliche Schulamt darum diese Lücken durch Sonderzuweisungen auszugleichen, doch führt das dann zu Stundenkürzungen bei größeren Schulen. In der Folge müssen Gruppen zusammengelegt werden -  in den Fächern Religion, Sport, Musik und Kunst sind Gruppen von 30 Kinder mittlerweile keine Seltenheit mehr. Aufgrund dessen gibt es kaum noch Spielraum für Arbeitskreise oder Differenzierung.


Die Versorgung mit Lehrkräften sei, so Grodel, ebenfalls „auf Kante“ genäht. Die offiziell angegebenen Mobilen Reserven seien teilweise schon jetzt eingeplant. Wenn dann im Winter vermehrt Krankmeldungen kämen, werde es wieder sehr eng. Sorgen macht den Lehrerverbänden auch die Altersstruktur der Pädagogen. Der extrem hohe Altersdurchschnitt in Unterfranken rühre auch daher, dass seit Jahren viele junge Lehrer nach ihrer zweiten Staatsprüfung nach Oberbayern versetzt würden. In der Tat ein großes Ärgernis, werden doch damit auch Identität und Heimatverbundenheit „exportiert“ und den unterfränkischen Schülern vorenthalten.




Günter Havlena / PIXELIO / pixelio.de




In einem Leserbrief äußerte sich ein weiterer Rektor  zu den derzeitigen Zuständen und verwies auf die katastrophale Lehrerversorgung an Grund- und Mittelschulen. Noch bis zwei Tage vor Schulbeginn war teilweise noch nicht klar, welcher Lehrer in welcher Klasse steht. Größtenteils wurden hierfür dann Lehrer, die für dieses Schuljahr als Mobile Reserve vorgesehen waren, eingesetzt. Das wiederum führt natürlich dazu, dass die Stunden der Mobilen Reserve, die ja eigentlich für die Vertretung gedacht waren, auch noch fehlen. Sollte sich an der derzeitigen Situation nichts mehr ändern wird es während des Schuljahres aufgrund von Elternzeiten, Pensionierungen und Krankheitswellen zu enormen Unterrichtsausfällen kommen. Muss das wirklich sein?!


Wir brauchen eine Gleichberechtigung mit der Realschule und dem Gymnasium für die Nachmittagsbetreuung. Während diese an Gymnasien und Realschulen voll vom Freistaat übernommen werden, müssen die gleichen Einrichtungen in der Volksschule zum größten Teil von den Kommunen selbst finanziert werden. Eine qualifizierte Mittagsbetreuung aber muss in meinen Augen im Sinne der ländlichen Entwicklung an allen Grundschulen gewährleistet werden. Einig bin ich mir mit den Schulleitern in unserer Forderung, alle bestehenden Grundschulen zu erhalten, eine Kooperation von Mittel- und Realschule ernsthaft zu durchdenken und den jüngsten Schülerinnen und Schülern eine gemeinsame sechsjährige Grundschulzeit zu ermöglichen.



 

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