Schulsystem muss grundsätzlich überdacht werden

21 September 2009

Schulsystem muss grundsätzlich überdacht werden

Gegen einen Amoklauf hilft nur ein besseres Schüler-Lehrerverhältnis Felbinger: Schulsystem muss grundsätzlich überdacht werden

Was tun gegen Amokläufer - neue Frühwarnsysteme, spezielle Alarmsignale,
Metalldetektoren gar? Der falsche Ansatz findet Freie Wähler-Landtagsabgeordneter Günther Felbinger. Vielmehr fordert der Bildungspolitiker ein besseres Schüler-Lehrer-Verhältnis. „Das geht aber nur mit kleinerer Klassen und weniger Schulstress“, so Felbinger.
Die Bluttat am Gymnasium Carolinum in der mittelfränkischen Kleinstadt
Ansbach ruft allerorten Entsetzen und Empörung hervor und wirft eine Reihe von Fragen auf nach dem Schutz der Schüler und der Sicherheit der Lehrer. Felbinger will sich allerdings nicht den von Politikern, Polizeigewerkschaft und Lehrerverbänden reflexartig proklamierten immer gleichen Maßnahmen wie flächendeckendes Frühwarnsystem, besseren Sicherheitsvorkehrungen an den Schulen und mehr Schulpsychologen anschließen.

Es seien die falschen Forderungen findet Felbinger: „Videoüberwachung, Sicherheitsschleusen oder schusssichere Türen, das schützt uns doch nicht vor neuen Amokläufen", sagt der früher selbst als Lehrer unterrichtende Felbinger. „Wenn ein Schüler plötzlich mit einer Waffe vor einem steht, dann ist es für alles das ohnehin zu spät“, so Felbinger.
"Die Frage ist doch, wie kann es passieren, dass sich ein Mensch so sehr
ausgeschlossen fühlt, dass er zu solch einer Tat fähig ist?" Felbinger will deshalb von der Politik und den Verantwortlichen daher keine Vorschläge hören, welche Maßnahmen während eines Amoklaufes die Schüler besser schützen, sondern was im Vorfeld getan werden kann. Nur mehr Schulpsychologen zu fordern, sei zu wenig.

„Das ganze Schulsystem muss überdacht werden", behauptet der Bildungspolitiker.
Die meisten Schüler hätten keinen Bezug mehr zu ihrer Schule, so Felbinger. Viele gingen jeden Morgen dahin und seien froh, wenn sie das Schulgebäude nachmittags so schnell wie möglich wieder verlassen könnten. Ein Lebens- und Wohlfühlraum ist die Schule für die Schüler von heute nie gewesen. "Schule ist für viele junge Menschen einfach nur Stress", so Felbinger.
Das größte Problem sei der Frontalunterricht. "Ein Lehrer, 30 Schüler und ein viel zu voll gestopfter Lehrplan - wie soll denn in diesem Umfeld ein vertrauensvolles Schüler-Lehrer-Verhältnis entstehen, das für eine angenehme Stimmung sorgt", fragt er.
Ein einzelner Schüler verschwinde mit seinen Problemen in der Masse, für intensive Gespräche fehle die Zeit. Viele Schüler wollten sich sowieso nicht ihrem Lehrer anvertrauen. „Ein Lehrer kann in einem solchen System auf potentielle Amokläufer überhaupt aufmerksam werden!"
Auch das Schüler ihre Probleme innerhalb der Klassengemeinschaft selbst lösen, wie es der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, vorschlägt, hält der FW-Bildungspolitiker für Wunschdenken. "In der Oberstufe funktioniert das vielleicht noch, aber doch nicht in den unteren Klassen, wenn die Schüler mitten in der Pubertät stecken." Der Stärkere mobbe den Schwächeren, und die anderen Mitschüler ergriffen nur selten Partei für den Unterlegenen.
Deshalb steht für Felbinger fest, dass nur kleinere Klassen helfen, in denen der Unterricht auf einem Miteinander zwischen Lehrer und Schüler basieren kann. Auch ein Klassenrat könne nützlich sein. Hier wird den Schülern einmal pro Woche eine Stunde eingeräumt, in dem sie sich über die Probleme austauschen oder gemeinsame Aktivitäten planen. Der Lehrer vermittelt dabei lediglich. "Das stärkt das Gemeinschaftsgefühl der Klasse", sagt Felbinger.
Doch diese Unterrichtsform werde bisher nur an wenigen bayerischen Schulen angeboten - in den engen Stundenplänen sei dafür kein Platz, so Felbinger. Doch gerade die Bildungserfolge an Schulen mit alternativen Beschulungsformen beweisen, dass es auch anders geht.
Schwere Versäumnisse wirft er dem bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus auch hinsichtlich der Einbindung der Schüler über die Schülermitverwaltung vor. Für die Landesregierung sei die Schülermitverantwortung doch nur eine Alibieinrichtung, um die Jugendlichen glauben zu lassen, sie könnten etwas mitbestimmen. "Ich wünsche mir, dass der bayerische Kultusminister Dr. Ludwig Spaenle endlich einmal in der Realität ankommt."



 

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