R6-Reform erweist sich hinsichtlich der sinkenden Schulleistungen als Schuss in den Ofen

20 Februar 2013

R6-Reform erweist sich hinsichtlich der sinkenden Schulleistungen als Schuss in den Ofen

Wenn eine Diskussion zur Bildungspolitik einsetzt, dann geht es dabei neben der Verbesserung der Rahmenbedingungen stets um die Schulstruktur-Debatte: Längere gemeinsame Schulzeit, gegliedertes Schulsystem oder Gemeinschaftsschule. Wie oft haben wir diese Themen in den vergangenen vier Jahren im Bildungsausschuss oder im Plenum des Bayerischen Landtags heftig diskutiert. Während zahlreiche europäische Länder in den letzten Jahrzehnten Schulsysteme einführten, die ein längeres gemeinsames Lernen vorsehen, ging Bayern im Jahr 2000 mit der flächendeckenden Einführung der sechsstufigen Realschule den entgegengesetzten Weg. Statt wie zuvor nach der sechsten Klasse wurden Haupt- und Realschüler nunmehr schon nach der vierten Klasse aufgeteilt.




"Bernhard Frei" / www.jugendfotos.de, CC-Lizenz(by-nc) http://creativecommons.org/licenses/by-nc/2.0/de/deed.de

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Heute, rund 12 Jahre danach, stellt sich wirklich die Frage, war es Fluch oder Segen für die bayerische Bildungspolitik? Geht man den kontinuierlich steigenden Zahlen von Realschülern nach, dann war es Segen, zumindest für diese Schulart. Geht man dem damit einhergehenden Niedergang der Hauptschule, die vor zwei Jahren deshalb in Mittelschule umetikettiert wurde, nach, war es eher Fluch. Und auch die in dieser Woche vorgelegten, aktuellen Studie des ifo Instituts zufolge zeigt sich, dass diese Reform zu einem Rückgang der schulischen Leistungen sowohl unter Haupt- als auch Realschülern geführt hat. Insbesondere nahm die Anzahl leistungsschwacher Schüler in der Hauptschule zu.


Ziel der vom bayerischen Landtag im April 2000 beschlossenen Reform war es, Realschülern eine vertiefte und breitere Bildung zu ermöglichen und alle Schüler begabungsgerechter fördern zu können. Um die tatsächlichen Auswirkungen der bayerischen Schulreform auf die Schülerleistungen zu untersuchen, nahmen die Bildungsforscher des ifo Instituts die Ergebnisse der deutschen PISA-Erweiterungsstudien der Jahre 2000, 2003 und 2006 unter die Lupe. Diese Tests erlauben Rückschlüsse auf die Durchschnittsleistungen in Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften in den verschiedenen Schularten und ermöglichen einen Vergleich zwischen Schularten, Bundesländern und über die Zeit. Dadurch können die Leistungen der 15-jährigen Schüler in den Jahren 2000 und 2003, die zum größten Teil noch das alte Schulsystem besucht haben, mit den Leistungen der Schüler im Jahre 2006 verglichen werden, von denen die meisten bereits das neue Schulsystem besucht haben.




Dabei ist Verheerendes festzustellen: eine Verschlechterung der Leseleistung und ein Rückgang leistungsstarker Schüler! Die Leistungen der Haupt- und Realschüler in Bayern haben sich vor der Reform ähnlich entwickelt wie die Leistungen der entsprechenden Schüler in anderen Bundesländern. Nach der Reform haben sich die Leistungen der bayerischen Haupt- und Realschüler hingegen deutlich schlechter entwickelt, insbesondere im Lesen. Im Gegensatz zu den anderen Bundesländern ist in Bayern der Anteil der Schüler mit besonders niedrigen Kompetenzen nach der Reform deutlich angestiegen!


Besonders interessant ist, dass der bayerische Leistungsrückgang dabei auf die Haupt- und Realschüler beschränkt ist und sich nicht für bei den bayerischen Gymnasiasten findet, die von der Reform nicht betroffen waren. Der Rückgang in den Durchschnittsleistungen war in Haupt- und Realschulen etwa gleich groß. Dabei ist in den Hauptschulen die Anzahl besonders leistungsschwacher Schüler besonders stark gestiegen, während in den Realschulen der Anteil besonders leistungsstarker Schüler zurückging. Das deckt sich übrigens mit Beobachtungen von Realschullehrern, die insgesamt in den Jahrgangsstufen 5 und 6 einen deutlichen Rückgang des Leistungsniveaus beschreiben.


Wir FREIE WÄHLER fordern, die Ergebnisse der Studie des ifo Instituts zur Einführung der sechsjährigen Realschule R6 ernst zu nehmen. Sie legt nahe, dass mit der Einführung der R6 Land und Kommunen sehr viel Geld für eine in ihren Ausmaßen nicht zu Ende gedachte Reform gesteckt haben. Das haben wir immer schon moniert, denn es hat letztlich durch die Schließung der Teilhauptschulen zum Schulsterben auf dem Land geführt.

Deshalb kann unsere schon lange bestehende Forderung, vermehrt über Kooperationsformen der beiden Schularten und vor allem über die Einführung einer Orientierungsstufe in den Jahrgangsstufen fünf und sechs nachzudenken, gar nicht oft genug wiederholt werden. Dies würde endlich auch den inzwischen schier unerträglichen Übertrittsdruck in der vierten Jahrgangsstufe herausnehmen. So könnten wir es Schulen außerdem ermöglichen, regional passgenaue Bildungsangebote zu entwickeln.



 

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