Was kann Bayern von Israel lernen?

21 Mai 2012

Was kann Bayern von Israel lernen?

Vielleicht geht es Ihnen genauso, wie es mir bis vergangene Woche ging, wenn von Israel die Rede war: Holocaust, streitbares Volk, andauernder Terror und stets instabile innenpolitische Verhältnisse. Das waren die Begriffe, die ich mit dem "Heiligen Land" neben dem Ursprung der christlichen Religion in Verbindung gebracht habe. Die Terroranschläge während der Olympischen Spiele 1972 der Palästinenser auf die israelitischen Sportler, die ich als kleiner Junge damals miterleben musste, haben da ein Übriges dazu beigetragen.



Deshalb reiste ich auch mit einer gehörigen Portion Respekt mit dem Bildungsausschuss zu einer Informations-Reise in den Nahen Osten. Und nach sechs Tagen im Heiligen Land bin ich begeistert aus diesem Vielvölkerstaat zurück gekommen, mit der Einsicht, dass ich mehr (politische) Fragen als Antworten habe, aber auch mit der Erkenntnis, dass Bayern viel von Israel lernen kann.




Im Knesset in Jerusalem.




Die Vielfalt der politischen Aufgabengebiete und die damit verbundenen Kontroversen sind groß. So zum Beispiel die Problematik um die Palästinenser-Frage und die Siedlungspolitik der Israeli im Westjordanland oder der Umgang mit dem Gaza-Streifen und den Golan-Höhen. Dabei finde ich es bemerkenswert, dass es die Israeli geschafft haben trotzdem in den vergangenen zwei Jahrzehnten rund eine Million Bürger aus den früheren Sowjetrepubliken zu integrieren und diese Menschen heute zu den Leistungsträgern der israelitischen Gesellschaft zu machen. „Willkommens-Kultur“ ist dabei das Zauberwort, das ich kürzlich einmal bei einer Rede im Landtag verwendet habe und auch für unsere Integrationspolitik in Bayern gefordert habe.



Beachtenswert finde ich den Umgang mit der gemeinsamen deutsch/bayerisch-israelischen Vergangenheit. Moderne, alters- und zeitgemäße Aufklärung von Kindesbeinen an steht hier auf israelitischer Seite im Vordergrund. Gedenkstätten-Pädagogik ist hier das Stichwort für die Bildungspolitik. In der Gedenkstätte Yad Vashem steht eben nicht nur der Gräuel des Holocaust an den Wänden, sondern man wird hautnah mit der Ungeheuerlichkeit dieser Taten konfrontiert und davon angezogen. Ideenreichtum und technisch-innovative Präsentation gehört gerade auch bei der jüngeren Generation mehr denn je zur Geschichtsbewältigung dazu.




Die Gedenkstätte Yad Vashem. Foto: "Juliane Helmhold" / www.jugendfotos.de, CC-Lizenz(by-nc) http://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/deed.de




Deshalb bin ich mir sicher, dass es von großer Bedeutung sein wird, dass wir dieses dunkle Kapitel deutscher Geschichte in Bayern den Kindern und Jugendlichen viel frühzeitiger und intensiver vermitteln. Die angedachte Bildungs-Kooperation von bayerischer und israelitischer Seite ist dabei ein möglicher Baustein und der richtige Weg: Mehr Begegnungen von Lehrern und Schülern, mehr Partnerschaften zwischen beiden Ländern und vor allem die Jugend miteinander kommunizieren lassen. Bildung lebt von Erkenntnissen und Erlebnissen und nicht von Auswendiglernen alleine.



Jugend verbindet: So ist bei der Neukonzeption der Jugendherberge Nürnberg die Gedenkstätten-Pädagogik dem Jugendherbergswerk ein großes Anliegen und die Rabin-Jugendherberge Jerusalem mit den "Red Lines of Democracy" ein tolles Vorbild und die richtige Zielsetzung.



Und auch Schulpartnerschaften des Gymnasiums Oberstdorf oder Begegnungen des Ingolstädter Karolinen-Gymnasiums sind zarte und wichtige bildungspolitische Ansatzpunkte. Es ist auch beeindruckend, was deutsche Pädagogik an der "Schmidt-Schule" in Ost-Jerusalem, einem palästinensischen Autonomie-Gebiet, bewirken kann: Jungen Palästinenserinnen wird dort eine Schulbildung vermittelt, die sie letztendlich für Führungsaufgaben befähigen.



Doch Israel lässt auch viele Fragen offen: Etwa die, ob ernsthaftes Interesse an einer Lösung der Palästinenser-Frage besteht? Nach zahlreichen Gesprächen mit NGO's, Politikern, Journalisten und Beteiligten habe ich den Eindruck gewonnen, dass hier die internationale Staatengemeinschaft den Druck auf die Regierung in Jerusalem kräftig erhöhen und selbst eine klare Strategie für den gesamten Nahost-Bereich im Kopf haben müsste. Solange diese nicht vorhanden ist, frage ich mich, ob es sinnvoll  ist, dass jährlich rund 500 Millionen Euro von der Europäischen Union ohne konkrete Verpflichtungsmaßnahmen in dieses Land fließen?


von MathKnight and Zachi Evenor (Eigenes Werk) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)



 

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