All posts in Bundespolitik

16 September 2012

Wachsen oder weichen. Sind kommunale Krankenhäuser noch zu retten?

Ein Gastbeitrag meines Fraktionskollegen Dr. Karl Vetter:

Trotz vehementer Bürgerproteste musste in den letzten Jahren eine wachsende Zahl kleiner Krankenhäuser geschlossen werden. Kommunale Krankenhäuser schreiben zunehmend rote Zahlen, während große Klinikketten Gewinne machen und immer häufiger Fusionierungsabsichten bekannt werden. Können kommunale Kliniken nicht wirtschaftlich betrieben werden? Müssen wir uns von den kleinen, bürgernahen Krankenhäusern verabschieden?


Trend zur Privatisierung ungebrochen


Noch stehen in Bayern deutlich mehr Krankenhausbetten in öffentlich-rechtlichen und freigemeinnützigen Kliniken als in privaten, aber es zeigt sich ein deutlicher Privatisierungstrend. Die Zahl der privaten Krankenhäuser hat sich in den vergangenen 20 Jahren fast verdoppelt. Krankenhäuser sind keine sozialen Einrichtungen mehr, sondern Wirtschaftsbetriebe. Diesen Anforderungen sind viele kleiner Häuser aber nicht gewachsen. Bayern darf seine Kommunen mit diesen Problemen nicht alleine lassen, sondern muss hier unterstützend tätig werden. Es gibt bayernweit bereits gut funktionierende, überörtliche Kooperationen, die als Beispiel wirtschaftlichen Handelns kommunaler Kliniken herangezogen werden können.


Bürgernahe Gesundheitsversorgung erhalten


Eine hochwertige und wohnortnahe medizinische Versorgung der Bevölkerung kann nur durch eine gesunde Mischung aus öffentlichen, freigemeinnützigen und privaten Krankenhausträgern erfolgen. Aus diesem Grund macht sich die FREIE WÄHLER Landtagsfraktion für den Erhalt von Krankenhäusern in kommunaler Trägerschaft stark. Die Menschen brauchen ihr Krankenhaus und ihren Hausarzt am Ort sowie Fachärzte in der Nähe. Dafür setzen wir uns ein! Deshalb veranstaltet die FREIE WÄHLER Landtagsfraktion am 26. Oktober 2012 im Bayerischen Landtag einen Parlamentarischen Abend zum Thema „Perspektiven der Hausarztversorgung im ländlichen Raum“. Zu Beginn des kommenden Jahres ist ein weiterer Parlamentarischer Abend zur „Situation der Fachärzte in Kliniken und im niedergelassenen Bereich“ geplant.




Foto: Halina Zaremba / PIXELIO / pixelio.de




FAZIT:


FREIE WÄHLER machen sich für den Erhalt von Krankenhäusern in kommunaler Trägerschaft stark. Die wohnortnahe Krankenhaus- sowie Haus- und Facharztversorgung der Bevölkerung muss vor Profitmaximierung Vorrang haben. Krankenhäuser sind zuerst soziale Einrichtungen und erst in zweiter Linie auch Wirtschaftsbetriebe.



15 September 2012

Neue GEMA-Tarife existenzbedrohend für Musikveranstalter

Ein Gastbeitrag von meiner Fraktionskollegin Jutta Widmann

GEMA darf Monopolstellung nicht missbrauchen!


Kommt die neue Tarifordnung, dann bedeutet dies für viele Betriebe und Musikveranstalter erhebliche Preissteigerungen, teilweise um mehrere 100 bis 1.000 Prozent. Betroffen sind neben Diskotheken und Bars auch Biergärten, Volksfeste, Sportveranstaltungen, Hotels, Gaststätten und alle weiteren Veranstaltungen, bei denen Musik gespielt wird. Wir FREIE WÄHLER sind der Meinung, dass diese Preiserhöhung unverhältnismäßig ist und nichts mehr mit angemessener Wertschöpfung zu tun hat. Die GEMA wirbt damit, dass die zwei neuen Tarife „klar, verständlich und fair“ seien


und besonders kleine Veranstalter entlasteten. Dies trifft jedoch nach unserer Auffassung nicht zu. Die meisten Betriebe müssten erheblich mehr zahlen. So verschweigt die GEMA zum Beispiel Zuschläge auf den Basistarif, sobald eine Veranstaltung mehr als fünf Stunden dauert. Dann erhöht sich der Tarif mal eben um 50 Prozent. Damit werden selbst kleinere Veranstaltungen mit wenig Eintritt schnell sehr teuer für den Veranstalter.


Interessen von Musikveranstaltern berücksichtigen!


Auf meine Initiative hin haben die FREIEN WÄHLER im Landtag einen Antrag gegen das neue Gebührenmodell der GEMA eingebracht. Darin wird eine stärkere Berücksichtigung der Wirtschaftsinteressen von Musikveranstaltern gefordert. Die GEMA darf ihre Monopolstellung nicht dazu missbrauchen, einer ganzen Branche gleichsam das Wasser abzugraben. Das neue Tarifsystem würde – gerade im kulturellen Bereich – viele Veranstaltungen vor erhebliche Probleme stellen, für einige dürften die neuen Tarife sogar das Aus bedeuten. Im Unterschied zu SPD und


Bündnis 90/ Die Grünen sind wir daher der Meinung, dass sich hier die Politik einmischen sollte, um auf einen akzeptablen Kompromiss für beide Seiten, Musikveranstalter und Musikschaffende, hinzuwirken.





Foto: Julien Christ / PIXELIO / pixelio.de


FAZIT:


Die neue Tarifordnung der GEMA bedeutet für viele Betriebe und Musikveranstalter eine Preissteigerung um mehrere 100 bis zu 1000 Prozent. In einem Antrag fordern die FREIEN WÄHLER im Landtag eine stärkere Berücksichtigung der Interessen von Musikveranstaltern.



Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) ist eine Verwertungsgesellschaft, die in Deutschland die Nutzungsrechte aus dem Urheberrecht von Komponisten, Textdichtern und Verlegern von Musikwerken vertritt. Die GEMA plant, ab 2013 die bisher bestehenden elf Einzelfalltarife durch zwei neue Tarife zu ersetzen.



14 September 2012

Ein Jahr (unkoordinierte) Energiewende!


Bereits im Juni 2011, also vor über einem Jahr, hat das schwarz-gelbe Kabinett den Atomausstieg beschlossen. In Zukunft soll die deutsche Energieerzeugung vor allem von der Windkraft betrieben werden, doch die Uneinigkeit zwischen Bund und Ländern bezüglich der Umsetzung der Energiewende lässt an dem geplanten Atomausstieg bis spätestens zum Jahr 2022 zweifeln. Um an diesem Termin festzuhalten ist es wie ich finde dringend notwendig, zielgerichtet und koordiniert vorzugehen!


An einem wolkenlosen, sonnigen Tag können die Solaranlagen in Deutschland  20.000 Megawatt Strom erzeugen, was in etwa der Leistung von 20 Atomkraftwerken entspricht – meiner Meinung nach eine unglaublich beeindruckende Zahl! Gerade deshalb ist es bedauerlich, dass sich Bund und Länder bei der weiteren Förderung der Solarenergie nicht einig werden. Doch nicht nur bei der Solarenergie treten Unstimmigkeiten auf. Auch bei dem Netzausbau der geplanten Windparks auf See kommt man auf keinen gemeinsamen Nenner. Immer wieder wird von der Energiewende gesprochen, doch wirklich weiter geht’s nicht. Gerade deshalb fordern wir FREIEN WÄHLER ein Energieministerium in Bayern, das den Atomausstieg bis 2022 plant und erfolgreich durchsetzt.





Foto: Rainer Sturm / PIXELIO / pixelio.de




Seit der Kürzung der Solarförderung, an deren unkoordinierten Umsetzung bezüglich der Übergangszeiten wir FREIEN WÄHLER scharfe Kritik übten, liegt das Hauptaugenmerk der Bundesregierung vor allem auf dem Ausbau der Windenergie. Um eine Versorgung mit Windenergie zu gewährleisten, ist  ein Ausbau der Stromnetze eine zentrale Voraussetzung. Es darf allerdings nicht außer Acht gelassen werde, dass ein solcher Ausbau der Stromnetze, die nötig sind um die in Norddeutschland erzeugte Windenergie nach Süddeutschland zu liefern, auf rund 20 Milliarde Euro geschätzt wird. Um dieses Vorhaben wirklich in die Tat umsetzen zu können bedarf es einer Planungs- und Investitionssicherheit, denn wer will schon investieren, wenn der Markt schwer einzuschätzen ist?! Da jedoch bisher keine verlässlichen Rahmenbedingungen für den Ausbau der Windparks festgelegt wurden, erfolgen Investitionen und somit auch der Ausbau nur sehr zurückhaltend.




Foto: Katharina Wieland Müller / PIXELIO / pixelio.de





Damit der Automausstieg bis spätestens zum Jahr 2022 gelingt ist es nötig, dass die Energiewende aktiv gestaltet wird. Gerade weil die deutsche Stromwirtschaft in den 90er Jahren immer wieder behauptet hat der Anteil des Stroms aus erneuerbaren Energien könne aus technischen Gründen höchstens 4% betragen überrascht es positiv, dass mittlerweile mehr als ein Viertel des in Bayern erzeugten Stroms aus erneuerbaren Energien stammt. Das Potenzial ist also da! Schon in etwa 15 Jahren können die erneuerbaren Energien Kostengleichheit mit den konventionellen Energien erreichen, bis zum Jahr 2050 können sogar rund 730 Milliarden Euro eingespart werden. Wir FREIEN WÄHLER fordern deshalb Sonne, Wind, Wasserkraft, Erdwärme und Bioenergie anstatt Öl, Kohle und Erdgas! Um dies zu erreichen ist jedoch ein Umdenken in den Ministerien unerlässlich! Bund und Länder müssen koordiniert handeln und in jedem Fall langfristige und verlässliche Rahmenbedingungen für die Energiewende schaffen!




5 September 2012

Für eine vernünftige Neuregelung des Warenverkaufs an Tankstellen

Über manche Geschehnisse kann ich mich nur wundern, über groben Unfug kann ich mich ärgern! Die seit 1. Juni 2012 in Bayern geltende Regelung, welche klarstellt, dass Tankstellenbesitzer während der allgemeinen Ladenschlusszeiten keine Waren mehr an sogenannte „Nichtreisende“ – also Fußgänger und Radfahrer – abgeben dürfen, ist so ein (auf gut bayerisch) „Schmarrn“. Sie offenbart nicht nur erneut systematische Fehler im Ladenschlussrecht in Bayern, sondern verdeutlicht wieder einmal die Handlungsunfähigkeit der Politik. Denn hinter dieser idiotischen Regelung steht die Unfähigkeit zweier Regierungsparteien, sich nicht auf eine vernünftige einvernehmliche Lösung, die die Einschränkung im Verkauf von Alkohol regelt, einigen zu können.


Mittlerweile haben alle anderen Bundesländer eigene Ladenschlussgesetze geschaffen. Allein Bayern murkst noch mit der völlig veralteten bundesdeutschen Norm herum. Das führt nun zu derart absurden Regelungen, die nichts, aber auch gar nichts mit Jugendschutz zu tun haben. Wir FREIEN WÄHLER fordern deshalb die Koalition aus CSU und FDP auf, endlich die unsinnige Blockade gegen ein bayerisches Ladenschlussgesetz aufzugeben. Nur so könnten in Bayern vernünftige Lösungen umgesetzt werden.

Foto: Gerd Altmann/PIXELIO/pixelio.de




Und wie könnte in unseren Augen eine solche Vernunftlösung aussehen? Zuerst beinhaltet dies ein Beibehalten der allgemeinen Ladenschlusszeiten, bestehenden Sonn- und Feiertagsschutz, aber eben auch ein generelles Verkaufsverbot von Alkohol an Tankstellen von 22 bis 7 Uhr. Denn es ist in der Praxis nicht umsetzbar an Tankstellenkassen zwischen ‚Reisenden‘ und ‚Nichtreisenden‘ zu trennen; es ist grober Unfug! Schließlich müssen einzelne Produktgruppen, sogenannter Reisebedarf, auch künftig allen Käufern angeboten werden können.


Die neue Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung führt beispielsweise dazu, dass Mineralwasser nicht an Fußgänger oder Radfahrer verkauft werden darf, sehr wohl aber Alkohol an Autofahrer. Absurder geht es wohl nicht! In der Praxis ist diese neue Regelung nicht kontrollierbar und führt lediglich zu mehr Bürokratie. Und davon haben wir schon genug! Geradezu heuchlerisch ist in diesem Zusammenhang das Vorgehen der bayerischen FDP und deren Wirtschaftsminister Zeil, der den Koalitionspartner CSU aufforderte, gemeinsam eine vernünftige Lösung zu suchen, selbst bisher jedoch nie eine Einschränkung im Verkauf von Alkohol in Betracht gezogen hat. Dafür kann es nur die Rote Karte geben!



31 August 2012

Reform der Schifffahrtsverwaltung gefährdet Sicherheit

Bayerns Wasserwege haben eine Gesamtlänge von 100.000 km. Die bisherige Versorgung dieser durch die verschiedenen Wasser- und Schifffahrtsämter funktionierte ohne Probleme. Nun soll  genau dieses funktionierende System reformiert werden. Wozu?


Die Folgen dieser Reform wären gravierend. Geplant ist eine Umverteilung der Kompetenzen, wobei diese auf bestimmte Ämter zusammengezogen werden sollen.




Quelle : Makrodepecher/PIXELIO/pixelio.de


Aktuell beschäftigt die Wasser- und Wirtschaftsdirektion Süd in Würzburg 1756 Mitarbeiter. Das untergeordnete Schifffahrtsamt Schweinfurt beschäftigt 370 Mitarbeiter, die auf 4 Außenbezirke verteilt sind und die Wasserwege von Rothenfels bis Viereth kontrollieren.


Nach der Reform werden Beamte aus Schweinfurt beispielsweise auch für Angelegenheiten in Passau zuständig sein. Langfristig führt dies nicht nur zu einem bürokratischen Chaos, sondern gefährdet auch die Sicherheit auf dem Main.


Die Direktionen Aschaffenburg, Nürnberg, Schweinfurt und Regensburg decken die Schifffahrtswege Bayerns komplett ab. Durch Auflösung der Direktion Regensburg würde für Schweinfurt, Aschaffenburg und Nürnberg ein Mehraufwand bei der Überwachung der Flüsse entstehen. Und dabei soll noch Personal gekürzt werden! Von der jetzigen Umstrukturierung sind in Bayern 250 Arbeitsplätze betroffen, davon allein 104 in der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Süd in Würzburg. Meiner Ansicht nach sollte diese Reform noch einmal überarbeitet werden.Wir brauchen in Bayern Sicherheit für unsere Wasserwege und Sicherheit für die Arbeitsplätze unserer Menschen.




23 August 2012

Stellenwert der beruflichen Bildung stärken!

Der Eindruck der derzeit in der Diskussion um die Bildung in Bayern und Deutschland entsteht, ist geprägt von der schon fast panischen Angst nicht genügend Ingenieure und Hochschulabsolventen für unsere Wirtschaft und Forschung zur Verfügung zu haben.


Tatsächlich scheint sich eine Lücke in diesem Bereich aufzutun, auch wenn die Zahlen die dazu von verschiedenen Seiten genannt werden mit Vorsicht betrachtet werden sollten. Hier wird aus unterschiedlichen Interessenlagen argumentiert, vielleicht auch bewusst dramatisiert. Unabhängig von dieser Diskussion ist offensichtlich, dass getragen von den Veränderungen im bayerischen Bildungssystem, R6, G8 und Mittelschule die berufliche Bildung schon jetzt als Verlierer bezeichnet werden muss. Warum ist das so? Zum einen sprechen die offenen Stellen auf dem Ausbildungsmarkt eine deutliche Sprache zum anderen finden schon heute die mittelständischen Dienstleistungs- und Handwerksbetriebe nicht mehr die Facharbeiter die sie zu Bewältigung der vorhandenen Aufträge bräuchten. Dies ist auch Folge der demographischen Entwicklung, aber eben nicht nur, sondern insbesondere die Folge der Bildungspolitik. Die übervollen Gymnasien und Realschulen mit einem sinkenden Qualitätsanspruch verzerren die Wirklichkeit der Gesellschaft.





Foto: Marvin Siefke/PIXELIO; pixelio.de


Die Ausbildungsbetriebe haben die Herausforderung zu meistern mit immer weniger und  immer schlechter auf die berufliche Ausbildung vorbereiteten Jugendlichen zurecht kommen zu müssen. Zusätzlich kommt hinzu, dass die Erwartungshaltung von Gesellschaft und Politik was mittelständische Ausbildungsbetriebe betrifft immer höher geworden sind. Während Großbetriebe strukturbedingt hierbei wenig Probleme haben und auch intensivere Auswahl Ihrer Auszubildenden betreiben können, müssen sich die Kleinbetriebe stärker denn je der Situation stellen, einen Teil der Jugendlichen ausbilden zu müssen, der ohne schulischen Abschluss zu Ihnen kommt. Dabei sind die Ausbilder und Meister dann oft schon mehr als Sozialpädagogen den als Ausbilder gefragt.


Aus meiner Sicht sollte zum einen der schulische Druck, speziell der Wechsel auf das Gymnasium weggenommen werden. Zum anderen ist es mehr den je wichtig die berufliche Bildung, die auch jede weitere berufliche Entwicklung zulässt, besser als Alternative darzustellen. Dazu benötigen die Ausbildungsbetriebe aber bessere Unterstützung. Diese könnte in Ausbildungsberatern bestehen und zum anderen in einer Prämie für die Betriebe die Schüler ohne Abschluss oder mit besonderem Förderbedarf aufnehmen. Wer besondere Ausbildungsleistungen erbringt hat mehr Anerkennung und auch mehr Förderung  verdient als dies bisher der Fall ist!




16 August 2012

Noch lange keine Entwarnung bei der kommunalen Finanzkrise

ESM, Fiskalpakt sind in aller Munde, wen kümmert da das (finanzielle) Dasein der Kommunen? Seit dem Abschluss der Arbeit der Gemeindefinanzkommission der Bundesregierung (2010-2011), und mit dem Aufkommen der Staatsschuldenkrise in Europa wird der kommunalen Finanzkrise nur noch marginale Aufmerksamkeit geschenkt. Dies wird zudem durch die aufgrund der guten konjunkturellen Lage in Deutschland verbesserten Steuereinnahmen verstärkt. Dennoch bleibt festzustellen, dass die kommunale Finanz- und Verschuldungskrise, die ihre Anfänge in den 1990er Jahren hat und als ein schleichender Prozess charakterisiert werden kann, auch angesichts der bisher erzielten Ergebnisse der Gemeindefinanzkommission noch keineswegs überstanden ist.


Nach deutlichen Defiziten in den Jahren 2009 bis 2011 von insgesamt 18,9 Mrd. Euro, können die Gemeinden und Gemeindeverbände in Deutschland für 2012 mit einem Überschuss von ca. 2 Mrd. Euro rechnen. Diese finanzielle Entspannung ist dem kommunalen Anteil an der Einkommensteuer und dem Ertrag der Gewerbesteuer geschuldet, die dazu führte, dass das kommunale Steueraufkommen im Jahr 2011 insgesamt um 9,3% gestiegen ist. Für 2012 rechnet man mit einem weiteren Anstieg von 4,5%. Soweit so gut, doch bekanntlich hat jede Medaille zwei Seiten!


Denn dem gegenüber steigen jedoch die Kosten für die soziale Sicherung in den kommunalen Haushalten weiterhin ungebremst. 2011 war hier ein Anstieg von 3,6% zu verzeichnen, 2012 wird eine Steigerung von 4,3% erwartet. Damit liegen die Kosten für die soziale Sicherung 2012 erstmals über 45 Mrd. Euro, wobei insbesondere die Leistungen im Bereich der Jugendhilfe, der Hilfen zur Erziehung, der Eingliederungshilfe, der Hilfe zur Pflege und der Grundsicherung im Alter deutlich stärker zu Buche schlagen.



Glücklicherweise können die Kommunen künftig, gerade im Bereich der sozialen Leistungen, mit einer höheren Entlastung rechnen. Anfang 2012 wurden bei den Verhandlungen zur Reform der Hartz-IV-Gesetzgebung vereinbart, dass die Lasten für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung schrittweise bis 2014 vollständig durch den Bund übernommen werden (2012: 45%). Im Rahmen der Vereinbarung über die Zustimmung der Bundesländer zum Vertrag über Stabilität, Koordinierung und Steuerung in der Wirtschafts- und Währungsunion (Fiskalvertrag) wurden weitere Kostenübernahmen durch den Bund zugesichert, der sich demnach bei den Kosten für die Eingliederungshilfen für Behinderte (Entlastung ca. 4 Mrd. Euro) stärker beteiligen und auch die Kosten der Grundsicherung schneller übernehmen wird. Eine finanzielle Entlastung für die Kommunen soll es zudem bei der Förderung der Kindertagesplätze und beim Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs geben. Auch sollen sie von künftigen Belastungen durch mögliche Strafzahlungen aufgrund einer Nichteinhaltung des Fiskalpaktes ausgenommen werden.





Wer denkt bei ESM und Fiskalpakt noch an das kommunale Dasein? Foto: Gerd Altmann/PIXELIO; pixelio.de


Neben diesen positiven Entwicklungen muss jedoch zum einen konstatiert werden, dass es einen – zum Teil auf bestimmte Bundesländer begrenzt – hohen Bestand an fundierten Schulden und Krediten zur Liquiditätssicherung gibt, und zum anderen die im Durchschnitt positiven Entwicklungen nicht für alle Kommunen spürbar werden. So profitieren von den signifikant angestiegenen Gewerbesteuereinnahmen auch nur die Kommunen, die über eine entsprechende Gewerbeansiedlung verfügen. Daher existiert unter den Kommunen eine deutliche Kluft , die auch nicht mehr durch die kommunalen Finanzausgleichsysteme aufgefangen werden kann. Dies führt dazu, dass Bundesländer wie Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen oder auch Sachsen-Anhalt spezielle Entschuldungsprogramme auflegen. Jedoch lässt sich bei den Entschuldungshilfen kein einheitliches Bild bei der Vorgehensweise aufzeigen.


Der Stärkungspakt Stadtfinanzen in Nordrhein-Westfalen beispielsweise zielt auf einen möglichst schnellen Haushaltsausgleich, während der Entschuldungsfonds in Rheinland-Pfalz zwei Drittel des Bestandes der Liquiditätskredite abbauen soll. Die teilnehmenden Kommunen verpflichten sich jeweils zu erheblichen Eigenleistungen, um die finanzielle Hilfe des Landes zu erhalten. Zwar begrüßen die kommunalen Spitzenverbände die Entschuldungshilfen der Länder, da hiermit signalisiert werde, dass die Bundesländer ihrer finanziellen Verantwortung gegenüber den Kommunen gerecht werden wollen. Allerdings wird unisono eingewandt, dass die Konsolidierungs- und/oder Entschuldungshilfen nur kurz- bzw. mittelfristige Lösungen für die Kommunen darstellen. Um eine langfristige Lösung der kommunalen Finanzkrise zu erreichen, bedarf es neben einer stärkeren finanziellen Entlastung, vor allem durch den Bund, auch struktureller Veränderungen im Gemeindefinanzsystem.



6 August 2012

Ein heißer Herbst für die bayerischen Studiengebühren

Monatelang haben wir Freien Wähler auf den Straßen Unterschriften gegen die Studiengebühren mit der Zielsetzung ein Volksbegehren gegen das Bezahlstudium zu initiieren, gesammelt. Endlich am Ziel mit rund 27 000 gesammelten Unterschriften, hält die bayerische Landesregierung indes das Volksbegehren für unzulässig. Aber das wird uns nicht abhalten nun Inne zu halten, im Gegenteil. Deshalb wird in diesem Herbst vor den Landtagswahl im nächsten Jahr in Bayern die Debatte um die Studiengebühren nochmal hochkochen. Bis Herbst muss nun das bayerische Verfassungsgericht entscheiden. Sollte das Gericht das Volksbegehren kippen, dürfte das Thema im Wahlkampf eine entscheidende Rolle spielen.


Im Kern geht es vor dem bayerischen Verfassungsgericht um die spannende Frage, ob Studiengebühren Teil des Staatshaushaltes sind oder nicht? Maßgeblich für die Entscheidung des Gerichts ist der Artikel 73 der bayerischen Verfassung. Darin heißt es: „Über den Staatshaushalt findet kein Volksentscheid statt.“ Über die Auslegung dieses Paragrafen gibt es geteilte Meinungen.


Die bisherige Erfahrung hat gezeigt, dass das Verfassungsgericht den Artikel meist recht weit ausgelegt hat. Das heißt, jede Vorschrift, die den Staatshaushalt tangiert, ist von einem Volksbegehren ausgeschlossen. Wir Freien Wähler versuchen nun dennoch unser Glück, denn die Studiengebühren sind einfach sozial ungerecht und vor allem in Bayern nicht adäquat für die Verbesserung der Studienbedingungen eingesetzt worden. Hierzu gibt es eine Liste über zweistellige Millionenbeträge, die bisher noch auf den Konten der Universitäten und Hochschulen lagern. Das ist nicht im Sinne des Erfinders. Mit diesem Thema werden wir auch in den Städten und vor allem von den StudentenInnen wahr genommen, wie ich selber bei den verschiedenen Unterschriftenaktionen in Schweinfurt und Würzburg erlebt habe.





Foto: Michael Staudinger/PIXELIO;pixelio.de



Im Übrigen haben wir uns die Kampagne nicht etwa von PIRATEN abgeschaut wie neulich eine desinformierte Tageszeitung vermeldete, sondern weit vor diesen auf der Landesdelegiertenversammlung im September vergangenen Jahres das Volksbegehren beschlossen. Ich bin jedenfalls gespannt, welche Argumente die Richter am Verfassungsgerichtbringen werden und wie letztendlich der Pendel bei der Urteilsfindung ausschlägt?


Neben uns „Freien“ haben sich auch die Piraten, die GRÜNEN und die SPD für die Abschaffung der Studiengebühren ausgesprochen. Neben Bayern ist Niedersachsen noch das einzige Land, das noch an der Campusmaut festhält. Doch auch im schwarz-gelb regierten Norden könnten die Gebühren mit der Landtagswahl im nächsten Jahr kippen, sollte die Opposition an die Macht kommen.


Für uns Freien Wähler hingegen ist die Tatsache, dass die Gebühren von den hochschuleigenen Haushalten in den Staatshaushalt überführt werden, „ein Taschenspielertrick“, dessen Ausmaß erst jetzt zutage tritt. Die Einführung der Gebühren ist schließlich damit begründet worden, dass sie als reine Mehreinnahmen den Universitäten zur Verfügung stünden. Indem man unbefristete Stellen schafft, zementiert man das System Studienbeiträge. Das aber ist ein Missbrauch des Hochschulgesetzes.



2 August 2012

Wie Seehofer gegen die Solidarität kämpft

Der Länderfinanzausgleich ist in aller Munde, spätestens seit Horst Seehofer ankündigte, gemeinsam mit der Bayerischen Landesregierung gegen den Finanzausgleich beim Bundesverfassungsgericht zu klagen. Diesmal macht der Ministerpräsident seine Ankündigung ohne seine Kollegen in Hessen und Baden-Württemberg wahr, dafür mit seinem geschwächten Koalitionspartner der FDP.


Schon Anfang dieses Jahres forderte Finanzminister Söder eine Reform der Transferleistung. Grund hierfür sei die ungerechte Verteilung der Zahlungen. Fakt ist, dass Bayern mehr als die Hälfte des bundesweiten Länderfinanzausgleichs mit 3,7 Milliarden Euro im Jahr 2011 trug. Die restlichen 3,6 Milliarden Euro wurden von Baden-Württemberg, Hessen und Hamburg eingezahlt. Somit ist Bayern größtes Geberland. Doch an diesem Punkt vergisst die Landesregierung mit Seehofer an seiner Spitze immer wieder, dass Bayern erst seit 1994 selbst Geberland ist. Viele Jahre zuvor profitierte unser Bundesland genauso wie die Länder heutzutage vom Finanzausgleich.


Seehofers Klage in Karlsruhe ist ein klarer Fall von Gedächtnisverlust. Denn bereits 1997 drohte der damalige Ministerpräsident Edmund Stoiber mit einer Reform und setzte diese Drohung dann auch in die Tat um. 2001 kam es zu einer Neuordnung des Länderfinanzausgleichs. Bayern stimmt der heute gültigen Regelung zu und auch Horst Seehofer hatte zu jener Zeit im Bundestag dafür votiert. Komisch nur, dass er sich heute, 11 Jahre später, nicht mehr daran erinnert.





Wie lange werden die Zahlungen des Länderfinanzausgleichs noch weiter gehen? Foto: Michael Staudinger/PIXELIO;pixelio.de



Eine Änderung des Finanzausgleichs wäre also lediglich eine Reform der Reform. Und trotzdem: Wenn im Jahre 2019 Länderfinanzausgleich und Solidarpakt auslaufen, wird sich die bayerische Regierung für eine solche Reform oder gar Abschaffung stark machen. Bis dahin sollte sie wenigstens einen Vorschlag vorzuweisen haben, denn zum jetzigen Zeitpunkt gibt es keine konstruktiven Vorschläge von Seiten der CSU.

Dass der Länderfinanzausgleich reformbedürftig ist, kann auch ich nicht leugnen. Jedoch sehe ich persönlich in der Vorgehensweise der CSU nicht mehr als eine reine Wahlkampfstrategie. Solange die Landesregierung keine handfesten Lösungen vorlegen, ist auch die Klage am Bundesverfassungsgericht völlig nutzlos.


Es sollte nicht vergessen werden: der Grundsatzgedanke der Transferleistungen ist bis heute, als Starkes Land den Schwachen zu helfen, um die Vereinheitlichung der Lebensverhältnisse herzustellen. Nicht umsonst zeigen die neusten Berechnungen des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft, dass Nordrhein-Westfalen als größter Stromverbraucher unter den Bundesländern 2,2 Milliarden Euro drauf zahlen muss. Bayern hingegen profitiert vom Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG): Als einziges Bundesland erhielt es 3,3 Milliarden Euro. Das ist Solidarität.



27 Juli 2012

5 Fragen – 5 Antworten zum ESM



Durch die weitere Nutzung der Seite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen