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26 Juni 2012

Wenn die Bundesregierung mit Steuerentlastungen für E-Mobilität wirbt

Über Elektromobilität wird viel geredet, jedoch weniger gehandelt. Derzeit sind umherfahrende E-Fahrzeuge jedoch noch vielmehr Seltenheit als Normalfall. Mit dem utopischen Ziel der Bundesregierung, bis 2020 eine Millionen Elektro-Fahrzeuge auf deutschlands Straßen fahren zu lassen, hat es sich die Regierung in Berlin wohl zur Aufgabe gemacht, eine Wunschvorstellung in die Realität umzusetzen.



Unumstritten ist, dass E-Mobilität ein wesentlicher Bestandteil einer klimagerechten Verkehrs- und Energiepolitik ist. In einem Gesetzesentwurf der Bundesregierung heißt es nun, dass Personenkraftwagen, Nutzfahrzeuge, Leichtfahrzeuge und Krafträder für zehn Jahre von der Kraftfahrzeugsteuer befreit werden sollen - vorausgesetzt sie sind reine Elektrofahrzeuge.



Diese Befreiung betrifft alle Fahrzeuge, welche als vom 18. Mai 2011 bis 31. Dezember  2015 zugelassen gelten. Zudem gilt eine Steuerbefreiung von fünf Jahren für Fahrzeuge, die vom 1. Januar 2016 bis zum 31. Dezember 2020 erstmals zugelassen werden.



Laut Bundesregierung verfolgt der eingebrachte Gesetzesentwurf das Ziel, nachhaltige und ökologische Mobilität der Zukunft zu fördern. Außerdem solle Deutschland somit nicht bloß Leitmarkt, sondern auch Leitanbieter auf dem Gebiet der Elektromobilität werden.



Doch sind diese Maßnahmen der Bundesregierung ausreichend, um das hochgesteckte Ziel zu erreichen?





Um bald noch mehr von solchen Autos auf deutschlands Straßen fahren zu sehen, muss sich die Bundesregierung noch stärker engagieren. Foto: Daniel Litzinger/PIXELIO; pixelio.de



Ein Blick hinüber zum Nachbarn Frankreich zeigt, dass dort eine wirkliche staatliche Politik vorherrscht, die die Einführung von Elektroautos unterstützt. Besitzer von E-Fahrzeugen werden genauso wie die Hersteller mit Zuschüssen unterstützt. Den Kauf durch Privatleute  fördert die Regierung bis zu diesem Jahr mit einem Betrag von 5000 Euro pro Auto. Ein großer Anreiz für die französischen Bürgerinnen und Bürger.



Neben dem Grundsatz der Föderung, gilt außerdem noch der der Optimierung des Infrastrukturnetzes. Denn eine gute Verkehrsanbindung treibt auch Autos auf die Straße. So endet die Mobilität der Elektromobilität nicht an der Stadtgrenze, sondern lässt sich auf das gesamte Land ausweiten. Zudem unterstützt Frankreichs Regierung die Kooperation von Renault und Vinci Autoroutes, die den Ausbau von Stromtankstellen an französischen Autobahnen und Hauptrouten vorantreiben und versprach, bis 2016 insgesamt 50 000 Elektroautos zu bestellen.



Somit ist für Frankreichs Regierung klar: E-Mobilität wird durch staatliche Förderung sicherer und schneller vorangetrieben.



An dieser Stelle bleibt es abzuwarten, welche sichtbaren Auswirkungen der Gesetzesentwurf der Bundesregierung auf die E-Mobilität in Deutschland haben wird. Einen Blick nach Frankreich zu werfen wäre keinesfalls eine schlechte Idee.



22 Juni 2012

Jeder Vierte (kann sich vorstellen die Freien Wähler zu wählen)

Die Bundesmitgliederversammlung der Bundesvereinigung der Freien Wähler hat landauf landab wieder für erheblichen Wirbel gesorgt. Ungewöhnlich oft wurde ich seitdem auf die Ereignisse in Geiselwind angesprochen. Im positiven wie im negativen Sinn. Auf Pauli und auch die Bundestagsentscheidung. Letztere war eindeutig mit 247 zu 1 Stimmen. Dabei muss man allerdings bedenken, dass in der Strohofer-Event-Halle nur Mitglieder der neuen Bundesvereinigung zugegen waren, quasi solche, die ohnehin sich bereits mit dem Weg nach Berlin angefreundet oder abgefunden haben.


Ungewöhnlich oft haben mich auch Freie Wähler am Tag selber in Geiselwind auf meine kritischen Grußworte angesprochen. Diese habe ich bewusst so kritisch gehalten, weil ich tagtäglich mit der „Basis der Freien Wähler“ zusammentreffe und dort eben auch andere Töne vernehme, die ich schon nochmal zur Sprache bringen wollte. Fragen wie, sind die Strukturen in den anderen Bundesländern bereit, einen abgestimmten, materialintensiven Wahlkampf durchzuführen? Sind die Landesverbände in der Lage die Listen mit qualifizierten Kandidaten zu füllen? Ist der Bundesvorstand in der Lage, einen bundesweiten Wahlkampf zu koordinieren? Macht es Sinn ohne ein starkes Baden-Württemberg an der Bundestagswahl anzutreten? Auf welche Art und Weise soll die Bundesvereinigung ein Wahlprogramm oder zumindest Wahlgrundsätze erarbeiten? Wird die Basis in diesen Prozess mit einbezogen?


Ich habe aber auch klar und deutlich zu verstehen gegeben, dass ich überzeugt bin, im bürgerlichen Lager ist ein gigantisches Vakuum, das sich mit den vernünftigen politischen Grundsätzen der Freien Wähler füllen ließe. Als ich das gesagt habe, wusste ich noch nicht, was uns in dieser Woche nun per RTL und STERN-Umfrage bescheinigt wurde: Jeder vierte Bundesbürger könnte sich vorstellen die Freien Wähler zu wählen!


Ich gebe nicht zu viel auf Umfrageergebnisse, weil die sich ständig ändern, aber immerhin ist dies ein ungewöhnliches Zeichen. Professor Oberreuther, Politologe und stets Freie Wähler-kritisch eingestellt, traut den Freien Wähler sogar zu - ähnlich wie den Piraten - in den Bundestag einzuziehen. Ein solcher Coup wird uns allerdings im Gegensatz zu den Piraten nur gelingen, wenn wir nicht mit Inhaltlosigkeit und Klamauk, sondern mit festen programmatischen Eckpunkten auftreten und deutlich machen, wofür wir Freie Wähler stehen und was wir Freie Wähler anders machen wollen als Union, FDP, SPD und Grüne.
Dabei sollten wir neben unserer Euro-kritischen Position – die nebenbei bemerkt immer mehr Anklang findet und auch bereits dafür gesorgt hat, dass Partei-Neueintritte zu verzeichnen sind - noch deutlicher unser Alleinstellungsmerkmal, das gelegentlich schon wieder vergessen wird, stärker herausstellen: Denn wir sind im Gegensatz zu Union, FDP, SPD, Grüne, DIE LINKE und auch die Piraten entideologisiert und im Selbstverständnis bewusst keine Partei. Wir entscheiden nicht danach, was Karl Marx oder Edmund Burke uns diktieren, wir entscheiden in der Sache für den Bürger und nicht für eine parteiideologische Linie.
Dieser zuletzt aufgeführte Grundkonsens ist es, was die FREIEN WÄHLER landauf landab eigentlich zusammenschweißt: Sachpolitik. Deshalb bringe ich wenig Verständnis dafür auf, wenn einzelne Freie Wähler sich nunmehr öffentlich gegen die Geiselwind-Entscheidung positionieren und mit dem Null-Argument ‚ich will nur Kommunalpolitik machen‘ kommen. Besteht nicht Kommunalpolitik zu einem Großteil aus Gesetzgebungsverfahren, die in München, Berlin und Brüssel entschieden werden und denen wollen sich diese dann nicht stellen? Da sollte sich Jeder, der so argumentiert einmalselber an die Nase fassen und schauen, ob die noch dran ist


Zwar schätzt Forsa-Chef Manfred Güllner die Chancen der Freien Wähler auf einen bundesweiten Wahlerfolg als "sehr gering" ein. Dass sich 25 Prozent der Wahlberechtigten allerdings vorstellen könnten, die Freien Wähler zu wählen, sei als Indikator für den Unmut über die anderen Parteien zu werten. Aber nicht nur das: Ich habe schon geschrieben, dass seit der konsequenten ESM/Fiskalpakt-Positionierung auch die Nachfrage nach neuen Mitstreitern nahezu täglich anwächst. Das ist auch gut so, denn was die Bundesregierung mit ihrer Rettungsschirmpolitik vor hat ist höchst bedenklich und vielen Menschen noch nicht bewusst. Deshalb ist es nur konsequent den sofortigen Stopp der Eurorettungsschirmmaßnahmen, namentlich des ESM, der am 29. Juni 2012 vom Deutschen Bundestag verabschiedet werden soll, zu fordern


Wer den ESM jetzt unterschreibt, ruiniert die Währungsstabilität und zündet das Haus Europa an. Wir FREIEN WÄHLER pochen darauf, sich an die Stabilitätskriterien zu halten, die bei der Einführung des Euro versprochen worden sind: Keine Übernahme der Schulden anderer Länder und keine Haftung der deutschen Steuerzahler für Spekulationsunfälle internationaler Finanzinstitute. Die Verantwortungslosigkeit von Schwarz-Rot-Grün-Gelb braucht eine klare Antwort: FREIE WÄHLER.


Und noch eines fällt mir bei den Argumentationen der Freie Wähler-internen Kritiker auf, die meisten haben sich thematisch damit noch gar nicht befasst. Deshalb hier die Grundsatzrede des Bundes- und Fraktionsvorsitzenden der FREIEN WÄHLER, Hubert Aiwanger, in Geiselwind sehen Sie hier:




Und das Eckpunktepapier und die zentralen politischen Forderungen der FREIEN WÄHLER gleich noch dazu::




  • Bundeseinheitlichere Bildungspolitik, zudem kleinere Klassen und mehr Lehrer.

  • Vereinfachung des Steuerrechts im Kirchhof'schen Sinne.

  • Direktwahl des Bundespräsidenten und der Ministerpräsidenten.

  • Keine Rettungsschirme, keine Eurobonds, kein Schuldentransfer. Insolvente Banken sollen verstaatlicht werden.

  • Die Finanzaufsicht ist zu verstärken. Bankvorstände und Aufsichtsräte sind für gravierende Fehlleistungen persönlich haftbar zu machen. Die Rechnungshöfe sollen umfangreiche Zuständigkeiten erhalten.

  • Deutliche Besserstellung der Kommunen.

  • Arbeit so entlohnen, dass ein deutlicher Abstand zu "Hartz 4" entsteht.

  • Wohnortnahe Pflege und Gesundheitsversorgung sichern.

  • Polizei, Feuerwehren und andere Hilfsdienste modern ausstatten und rasch dezentral erreichbar machen.

  • Güterverkehr ab einer Entfernung von 300 Kilometern vermehrt auf Schiene oder Bundeswasserstraßen verlagern. Die Autobahnen vor allem für verderbliche Güter und lebenswichtige Waren benutzen.

  • Gesunde Lebensmittel statt Gentechnik und Hormonnahrung.

  • Stärkung des ländlichen Raums durch Erhalt und Ausbau der Infrastruktur, inklusive schneller Internetverbindungen.

  • Wein- und Forstwirtschaft vor schädlichen EU-Eingriffen schützen.

  • Ein abgestimmtes Energie- und Trassenführungskonzept unter Einbeziehung der Länder, Kommunen und der betroffenen Menschen.

  • Einwanderungsgesetz mit klaren Zuzugskriterien; keine Parallelgesellschaften zulassen.

  • Ein bürgernahes Europa der Regionen - die Bürger sind zu fragen, was Europa wirklich zentral regeln soll - und was nicht.



21 Juni 2012

Befreiungsschlag für die Startbahngegner bietet neue Entwicklungsmöglichkeiten für die Regionen Bayerns

Nein, wirklich daran geglaubt habe ich nicht! David gegen Goliath, wer glaubt da schon an den Sieg? Doch die Münchner Bevölkerung hat mich echt überrascht beim Bürgerbegehren zur Abstimmung über den Bau der dritten Startbahn am Flughafen München im Erdinger Moos. 55 Prozent haben sich dem Begehren von GRÜNEN und FREIEN WÄHLERN angeschlossen und haben NEIN gesagt, einfach STOPP, wir wollen KEINE dritte Startbahn!



Ich finde es deshalb so spektakulär, weil die Brisanz der Abstimmung in der Tatsache lag, dass die Münchner über etwas entscheiden mussten, was sie nur marginal tangiert, den rund 40 Kilometer von der Landeshauptstadt entfernten Flughafen im Erdinger Moos. Das ist in etwa so, wie wenn die Würzburger abstimmen müssten, ob im Steigerwald ein Nationalpark entstehen soll oder im Sindersbachtal bei meinem Heimatort Langenprozelten ein weiteres Pumpspeicherwerk.



Aber der Bürger hat entschieden und so sollte man dieses Votum auch akzeptieren! Schließlich betonen gerade wir Politiker immer wieder den Bürgerwillen. Und da finde ich es höchst undemokratisch und skandalös, wenn sich einen Tag nach dem Entscheid gerade unser Ministerpräsident Seehofer hinstellt und sagt, dass er trotz verlorenem Bürgerentscheid an dem Projekt festhalten wolle. Ist so etwas nicht dreist? Ich muss mich echt wundern, dass in diesem Fall dem Ministerpräsident nicht mehr Gegenwind ins Gesicht bläst. Kann sich Seehofer denn alles erlauben?






Mit 55 Prozent wurde der Bau der dritten Startbahn in München gestoppt! Foto: Niko Korte/PIXELIO; pixelio.de


Diese Frage muss an dieser Stelle auch mal erlaubt sein, denn immer dann, wenn etwas nicht nach seinem Gusto läuft, droht er. Einmal mit Koalitionsbruch – wie der FDP wegen der Blockierung des Betreuungsgeldes – und das andere Mal der Münchner Bevölkerung. Und so etwas soll als Politiker Vorbild sein! Kein Wunder, wenn sich die Menschen mit Grauen von der Politik abwenden und behaupten, dass dort nur geschoben und der eigene Vorteil gesucht wird.



Da bleibt mir als Abgeordneter auch manchmal die Frage, wie weit muss ein Seehofer schon von den Menschen weg sein, um solche Aussagen zu machen? Oder aber, wie viel Angst muss dieser Mann und seine Partei um die Machtposition haben? Scheinbar eine Menge, denn sonst könnten keine solchen Drohgebärden vonihm kommen.



Bekanntlich steht ihm Vize-Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Zeil in dieser Frage bei. Ausbau der dritten Startbahn unter allen Umständen, so Zeil. Notfalls solle die Stadt München ihre Gesellschafteranteile am Flughafen verkaufen. Zeil wiederum hat ein berechtigtes Interesse, dass im Münchner Norden gebaut wird, denn in seinem Heimat-Stimmkreis wurden zu Beginn seiner Amtszeit die Pläne den dortigen Flughafen Oberpfaffenhofen als Ausweich- und  Verstärker-Airport zum Münchner Flughafen auszubauen und zu etablieren in einer Nacht- und Nebelaktion in die Tonne gesteckt. Da haben die Menschen, die sich mit Grauen von der Politik abwenden und behaupten, dass dort nur geschoben und der eigene Vorteil gesucht wird, wieder einmal Wasser auf ihre Mühlen bekommen.



Wir FREIE WÄHLER sehen uns durch den unerwarteten Sieg im Bürgerentscheid bestärkt in der Forderung mehr direkte Demokratie durch mehr Beteiligung des Volkes anzustreben. Und trotz allen Schwarzmalens der Unterlegenen für den Wirtschafts-Standort Bayern sehen wir neue Entwicklungsmöglichkeiten wie etwa Verlagerung von Flugbewegungen auf den nicht ausgelasteten Nürnberger Airport. Denn der Weg vom Münchner Flughafen selbst für Anschlussflieger dauert nicht länger als die Fahrt vom Landeshauptstadt-Airport bis zum Hauptbahnhof in München. Auch der Flughafen Memmingen könnte als weiterer „Verlagerungs“-Airport in Frage kommen. Ganz im Sinne unserer FREIEN WÄHLER-Devise Verlagerung der Kompetenzen und Strukturen in die Regionen zur Stärkung der Regionen im ganzen Freistaat.




15 Juni 2012

Mehr Ehrlichkeit in der Inklusions-Debatte – Vielfalt ist bereichernd

Endlich traut sich auch einmal ein Bildungsforscher in der Inklusions-Debatte Klartext zu reden. "Ich glaube nicht, dass der inklusive Weg immer der richtige ist", sagte Prof. Dr. Bernd Ahrbeck vom Institut für Rehabilitationswissenschaft der Humboldt Universität zu Berlin kürzlich und da stimme ich ihm aus voller Überzeugung zu: Inklusion JA, aber nur dort, wo es Sinn macht! Schon mehrfach habe ich an dieser Stelle davon gesprochen, dass die Inklusion Grenzen hat, das kann ich aus eigener Erfahrung aus meiner langjährigen Berufspraxis an der Dr. Karl-Kroiß-Schule für Hörgeschädigte berichten.


Und als unsere Fraktion dieser Tage mit den Vertretern des Bayerischen Gemeindetages zu einem Parlamentarischen Abend zusammen kamen und dessen Präsident Dr. Uwe Brandl „ein Stück mehr Ehrlichkeit in der Bildungs-Diskussion“ forderte, habe ich ihm spontan recht gegeben. Über viele Jahrzehnte  haben wir ein hochspezialisiertes Förderschulangebot in Bayern aufgebaut, das hinsichtlich seiner Förderung für jedes förderbedürftige Kind ein Segen ist. Und wer dies wirklich objektiv betrachtet, der stimmt mir in dieser Bewertung zu.


Zweifelsfrei ist der Zugewinn durch die Inklusion, den Eltern das Wahlrecht für den Schulbesuch ihres Kindes zu übertragen, ein längst überfälligeAlternative, aber nicht grundsätzlich die allein glücklich machende. Eltern werten selten objektiv, sondern viel mehr emotional. Insofern habe ich es zu meiner „Lehrerzeit“ sehr oft erlebt, dass Eltern zunächst einmal den Förderschulbesuch ihres Kindes kritisch beäugten, aber nach einer gewissen Zeit merkten, dass die besondere Förderung an dieser Schulart ihrem Kind gut bekommt.


Deswegen bin ich mir sicher, dass wir auch in Zukunft bei aller Sympathie für den Inklusionsgedanken die Förderschulen brauchen. Es kann gut sein, dass wir weniger brauchen als wir derzeit haben. Die Inklusionsquote, die derzeit bei rund 10 Prozent liegt, wird hier den Weg weisen. Aber nicht immer und für jedes Kind ist die inklusive Schule der ideale Ort. Der ist vielmehr da, wo die optimale Förderung für das Kind vorhanden ist und bei den derzeit begrenzten Ressourcen, die die Staatsregierung bereit ist gerade für die Einzelinklusion an der Regelschule zur Verfügung zu stellen, ist dieWahlmöglichkeit gut zu hinterfragen. Eine Klasse mit 25 Kindern und 3 bis 5 Inklusionskindern ist keine wirkliche Alternative. Hier fordern wir von der Staatsregierung zumindest eine Klassenobergrenze von 20 Kindern bei bis zu fünf Inklusionskindern.




Es ist Zeit, für den inklusiven Weg. "Luca Jager" / www.jugendfotos.de, CC-Lizenz(by-nd) http://creativecommons.org/licenses/by-nd/3.0/deed.de


Im Übrigen kennen auch die Länder, die sehr viel Integrationserfahrung haben, kein System mit einer kompletten Inklusion. Auch ein Land wie Finnland hat klassische Sonderschulen für rund ein Prozent aller Schüler und zusätzlich besuchen dort rund drei Prozent der Kinder Sonderklassen. Offensichtlich ist anderswo auf der Welt die Erkenntnis, dass der Inklusion Grenzen gesetzt sind, schon weiter fortgeschritten. Allerdings gibt es zwischen Finnland und Deutschland auch einen elementaren Unterschied: 40 Prozent der Schulen in Finnland haben weniger als 50 Schüler und 60 Prozent haben weniger als sieben Lehrer. Insofern ist schon aus historischen und geografischen Gegebenheiten in Finnland so etwas wie ein klassisches Sonderschulsystem überhaupt nicht denkbar. Die großen Schuleinheiten, die wir hier haben, sind in Finnland gänzlich unbekannt. Im Mittelpunkt steht dort die Dorfschule, die Gemeinschaftsschule, so wie in Schweden. Im Mittelpunkt der deutschen Bildungstradition steht das Gymnasium.


Die grundlegende Frage ist doch: Was ist das Ziel von Schule, was ist das Ziel von Inklusion? Die Überzeugung, dass das Gemeinsame ein hoher Wert ist, teile ich. Aber das kann nicht das einzige Kriterium sein. Es geht in der Schule auch um die Entwicklung von Leistung und darum, Kinder angemessen auf das Leben vorzubereiten. Insofern ist zum Beispiel die Frage nicht unerheblich, wie viele Kinder, die als lernbehindert gelten, überhaupt zum Hauptschulabschluss kommen. Diese Frage muss man an beide Systeme stellen - an die Inklusion wie an die spezielle Beschulung. Die Erfolge der Sonderschulen sind auf diesem Gebiet nicht überwältigend. 25 bis 30 Prozent der Schüler erreichen einen Hauptschulabschluss. Wir wissen nicht, ob diese Zahl in der Inklusion wirklich höher sein wird.


Der Hamburger Schulversuch in den 1990er Jahren, ein klassischer Inklusionsversuch, bei dem u. a. die sonderpädagogische Förderkategorie im Bereich Lernen abgeschafft wurde, hat keine besonders ermutigenden Ergebnisse hervorgebracht. Die leistungsschwächeren Schüler sind die leistungsschwächeren geblieben. Das durchschnittliche Leistungsniveau der Klassen war auffallend gering, die Sonderschulüberweisungsquoten hatten sich nach vier Grundschuljahren keinesfalls reduziert.


Auch wenn insgesamt einiges dafür spricht, Lernbehindertenschulen nicht im bisherigen Ausmaß beizubehalten, so stellt sich dennoch die Frage, ob man für bestimmte Kinder weiterhin spezielle Schulangebote bereithalten sollte. Für Kinder nämlich, die in inklusiven Klassen nicht gut zurechtkommen. Besonders sensible Kinder, solche die sich leicht gemobbt fühlen, oder Kinder, die einen stabilen, vertrauten Rahmen brauchen, kommen oft in kleinen überschaubaren Gruppen mit engeren, intensiveren Bindungen besser zurecht.


Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass selbst die Eltern unterschiedlicher Auffassung sind. Es gibt Elterninitiativen für den Erhalt der Lernbehindertenschulen. Es gibt Elterninitiativen für mehr Inklusion. Eltern sind sehr auf pädagogischen Sachverstand angewiesen und auf fachlich kompetente Beratung, die möglichst unideologisch erfolgen sollte. Dabei mag für das eine Kind der eine Weg besser sein als der andere. Ich glaube nicht, dass grundsätzlich immer, zu allen Zeiten und bei jedem Kind der inklusive Weg der richtige ist. Und ich bin ebenso davon überzeugt, dass man nicht prinzipiell auf institutionelle Differenzierungen verzichten sollte.


Deshalb muss es den inklusiven Weg geben. Es ist zweifelsfrei ein großer Fortschritt, wenn Kinder ein Recht darauf haben, gemeinsam beschult zu werden. Gleichwohl macht eine gemeinsame Beschulung für ein Kind, das eine Behinderung aufweist, doch nur dann einen Sinn, wenn ihm diese Beschulungsform persönlich dienlich ist; wenn sie ihm hilft, in der Schule und im späteren Leben besser zu Recht zu kommen. Insofern müssen unterschiedliche Wege offen gehalten werden. Von einer radikalen institutionellen Entdifferenzierung halte ich wenig. So sind Kinder mit massiven Verhaltensstörungen oft nur sehr schwer zu integrieren. Es gibt weltweit kein tragfähiges Modell, in dem eine totale Inklusion für diese Personengruppe funktioniert.


Ein gutes Schulsystem ist eines, das Kindern und Jugendlichen mit Behinderung den bestmöglichen Weg ins Leben weist, das dazu führt, dass sie optimale Entwicklungsmöglichkeiten erhalten, um mit sich selbst und in der Gesellschaft zurechtkommen. Dabei spielt auch der Leistungsgesichtspunkt eine wichtige Rolle. Bei Schülern mit einer Lernbehinderung muss es ein starkes Bemühen darum geben, so viele Schüler wie irgend möglich zum Hauptschulabschluss zu bringen. Weil das eine entscheidende Voraussetzung dafür ist, dass sich ihre Zukunftsperspektiven verbessern. Nach der Schule stellt das Leben an alle Menschen die gleichen Fragen: Kannst du lesen, schreiben, rechnen und kannst du dich adäquat benehmen? Die Relativierung pädagogischer Ziele im Sinne von Beliebigkeit und bunter Vielfalt steht häufig in einem krassen Widerspruch zu den Anforderungen des Erwachsenlebens. Schließlich soll die Schule Kinder auf das Erwachsenenleben vorbereiten.


Insofern sind mir manche Beiträge zur Inklusionsdiskussion ein bisschen zu schlicht. Ich glaube, dass der unbedingte Gemeinsamkeitswille ein Ziel ist, über das man noch einmal nachdenken sollte. Ist immer für alle Menschen das Gleiche gut genug? Inklusion im Sinne einer guten Förderung behinderter Kinder kann nur funktionieren, wenn wir hochgradig qualifizierte Spezialisten haben und wenn wir anerkennen, dass Menschen besonders sind und Besonderes brauchen. Die Abschaffung der sonderpädagogischen Förderkategorien, ihre Nivellierung zugunsten einer diffusen allgemeinen Entwicklungsförderung ist dazu kein guter Ratgeber. Eine große Gefahr ist, dass man behinderte Menschen in ihren Entwicklungsnotwendigkeiten übersieht, weil es allzu große Hemmungen gibt, ihre Schwierigkeiten als solche anzuerkennen und begrifflich zu fassen. Die Angst vor Etikettierungen ist manchmal schon ein wenig bedenklich.


Zu einer offenen Auseinandersetzung über die Inklusion muss es aber gehören, dass man über diese Bedenken frei sprechen kann. Ich habe den Eindruck, dass das gegenwärtig ziemlich schwierig ist. Im öffentlichen wie im fachlichen Diskurs wird leider sehr häufig projiziert und gespalten und diejenigen, die nicht im Mainstream mitschwimmen, werden dadurch in eine krasse Außenseiterposition gebracht. Der Satz "Vielfalt ist bereichernd" sollte auch hier gelten. Ihn auszusprechen ist offensichtlich leichter, als ihn ins Leben zu integrieren.



15 Juni 2012

Ganztagsschule in Bayern braucht endlich schlüssiges Konzept und ein Ende der Betreuungslücken

Eltern haben die Qual der Wahl: Gebundene Ganztagsschule, offene Ganztagsschule, Schule mit Mittagsbetreuung, Schulen mit verlängerter Mittagsbetreuung und um den Wirrwarr an Betreuungsangeboten in Bayern ganz zu machen, gibt es auch noch Horte. Dieser bunte Strauß an Betreuungsangeboten im Freistaat verursacht enorme Kosten, führt für den Laien zu erheblichem Durcheinander und dazu, dass die Ganztagsschulbetreuung in Bayern unter ihren Möglichkeiten bleibt.



Das ist die bittere Wahrheit, denn die Betreuungsangebote sind allenfalls halbherzig und vor allem ohne ein wirkliches Gesamtkonzept. Dies haben wir FREIE WÄHLER diese Woche im Plenum einmal mehr eingefordert.



Vor allem ein Konzept, das nicht nur an vier Tagen in der Woche, sondern auch freitags greift und vor allem auch die Ferienzeit mit einbezieht. Denn was nützen alle Sonntagsreden des Kultusministers und schön aufgepäppelte Pressemitteilungen, die zwar verkünden dass der Freistaat die Ganztagsangebote konsequent und bedarfsgerecht ausbaut, aber die Konsequenz in Form eines nachvollziehbaren Konzeptes vermissen lassen.



Was wir brauchen, das sind Qualitätskriterien für den Ausbau von Ganztagsangeboten. Wir brauchen nicht nur mehr, sondern auch gut ausgestattete Ganztagsschulen in Bayern. Deshalb ist die neueste Erhebung der Bertelsmann Stiftung zum Ausbau von Ganztagschulen als eine Ohrfeige für die verfehlte Bildungspolitik in Bayern zu werten und der letzte Platz im bundesweiten Ranking keine Überraschung, sondern ein Armutszeugnis. Nur jeder zehnte Schüler in Bayern nutzt ein Ganztagsangebot, während im Bundesdurchschnitt dies rund 28 Prozent annehmen.





Kein schlüssiges Konzept verursacht nicht nur enorme Kosten, sondern ist auch eine Belastung für die Schüler. "givany hecht" / www.jugendfotos.de, CC-Lizenz(by-nc) http://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/deed.de




Nirgendwo in Deutschland werden anteilig weniger Kinder ganztägig unterrichtet als in Bayern. Und das, obwohl inzwischen mehr als 45 Prozent aller bayerischen Schulen Ganztagsangebote machen. Aber genau darin liegt der Hase im Pfeffer und das offenkundige Auseinanderklaffen der Staatsregierungszahlen und der Realität begründet. Während die Staatsregierung in ihren Statistiken stets die Anzahl der Schulen, an denen Ganztagsbetreuungsangebote durchgeführt werden, auflistet, sind es aber in Wirklichkeit stets nur einzelne Klassenzüge an den Schulen. Deshalb gibt die Zahl der tatsächlich ganztags betreuten Schülern die REALITÄT wieder.



Bei alledem ist die Frage des Warum erlaubt? Ich bin überzeugt, es liegt zu einem wesentlichen, großen Teil daran, dass die bestehenden Betreuungsangebote bei weitem nicht so attraktiv und bedarfsorientiert sind wie sie sein müssten. So mangelt es vor allem an Grundschulen im ländlichen Bereichen an Akzeptanz, weil dort flexiblere Betreuungszeiten an einigen Tagen in der Woche dafür sorgen würden, dass die Eltern eher bereit wären ihre Kinder dorthin zu schicken. Einen entsprechenden Antrag haben wir FREIE WÄHLER in einem Antragspaket nun eingereicht, weil wir aus der Erfahrung und Gesprächen mit Lehrern, Eltern und Kommunalpolitikern an vielen Stellen Nachbesserungsbedarf sehen.


Bemerkenswert einfallslos im Übrigen der Hinweis von Kultusminister Spaenle auf unseren Dringlichkeitsantrag, dass man um Kinder auch freitags Nachmittag und in den Ferien betreut zu haben, auf die neue Öffnungsklausel im BayKiBiG, wonach Schulkinder auch in die den Kindertagesstätten oftmals angegliederten offenen Hortbetreuungen könnten. Doch was ist, wenn diese in den Ferien geschlossen haben? Oh, oh, lieber Kultusminister, solch ein Hinweis tut einfach nur weh und zeigt die Konzeptlosigkeit der Staatsregierung in diesem Bereich.


Hochinteressant war in diesem Zusammenhang in dieser Woche mein Besuch bei der Tagesheimschule in München an der Hochstraße. Dort werden Schüler seit 1963 in einem Modellprojekt in der Grund-und Mittelschule von einem Dreier-Team aus einem Lehrer und zwei Erziehern pro Klasse unterrichtet. Lehrer und Erzieher arbeiten Hand in Hand, die Schule hat pädagogische Kernzeiten von 7.45 bis 16.30 Uhr und von 7.00 bis 18.00 Uhr geöffnet, einfach spitze! Kein Schüler verlässt die Schule ohne Schulabschluss. Hier kann man von einem Leuchtturm unter Bayerns Schulen mit einem großartigen Konzept sprechen. Im Übrigen gibt es jede Woche Konferenzen der Lehrkräfte und eine Ferienbetreuung findet ganz selbstverständlich auch statt. Vielleicht sollte der Kultusminister einfach einmal an der Hochstraße vorbei schauen damit er weiß, was es in Bayern Ganztagsschul-Politik noch zu verbessern gilt.


Mit unserem Antrag fordern wir FREIE WÄHLER die Staatsregierung, endlich ein schlüssiges Konzept für eine wirklich durchgehende Betreuung der Schulkinder zu erstellen und damit die Betreuungslücken an Freitagnachmittagen und in den Ferien zu schließen. Schließlich zwingen uns die Anforderungen der heutigen flexiblen und mobilen Arbeitswelt und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erreichen über unsere bisherigen schulischen und sozialpädagogischen Konzepte vollkommen neu nachzudenken. Und hierzu steht die Staatsregierung in besonderer Verantwortung. So kommt die BERTELSMANN-Studie nicht unverhofft zu der Erkenntnis, dass die Ganztagsschulpolitik in Bayern bei all den unterschiedlichen Organisationsformen des Schulalltags „eine Reise in die Zukunft ohne klares Ziel“ sei.



13 Juni 2012

Unterschriften gegen die Studiengebühren sind jetzt zur Prüfung am Innenministerium

Jetzt endlich sind die notwendigen Unterschriften zur Abschaffung der Studiengebühren im Kasten und wurden von meinen Kollegen Prof. Michael Piazolo und Dr. Hans-Jürgen Fahn im Innenministerium abgegeben. Knapp 30 000 Unterschriften sind es dann im Kampf gegen die Studiengebühren im Freistaat doch geworden. Damit wollen wir FREIEN WÄHLER ein Volksbegehren und einen sich anschließendes bayernweiten Volksentscheid erreichen. Unsere Forderungen liegen dabei klar auf dem Tisch: Der erste Hochschulabschluss muss unserer Ansicht nach vom Staat finanziert werden. Die nötige Zahl von 25 000 Unterschriften hatten wir Freie Wähler bereits vor einigen Wochen zusammen. Wir wollten aber sich sein, dass wir mit einem Puffer von fast 5000 Unterschriften, falls einige Unterschriften ungültig sind, immer noch genügend Signaturen gegen die Studiengebühren haben. Sogar die SPD-Landtagsfraktion hat uns zum Erreichen der 25 000 Unterschriften gratuliert und signalisiert eine Unterstützung unseres Ansinnens.




Bildung sollte kein Geld kosten, auch nicht der erste Hochschulabschluss. Foto: Gerd Altmann/Shapes:AllSilhouettes.com/PIXELIO; www.pixelio.de


Nun muss das Innenministerium den Antrag auf das Volksbegehren prüfen. Hat es rechtliche Bedenken, muss der Verfassungsgerichtshof entscheiden. Hält das Gericht das Volksbegehren für verfassungsgemäß, müssen sich binnen zwei Wochen zehn Prozent der stimmberechtigten Bürger in Bayern in Unterschriftenlisten eintragen. Wenn diese Zahl erreicht wird, kommt es binnen drei Monaten zu einem Volksentscheid, bei dem alle Bürger an die Urnen gerufen werden - wenn der Landtag das Anliegen des Volksbegehrens nicht direkt umsetzen sollte.


Juristische Einwände, wonach das Volksbegehren das Haushaltsrecht des Landtags berühren und deshalb unzulässig sein könnte, sehe ich persönlich nicht, schließlich wirkt sich die Entscheidung nicht unmittelbar auf den Staatshaushalt aus, sondern nur auf die Haushalte der Hochschulen. Ich bin gespannt, wie die Sache weiter läuft, aber ich freue mich, dass wir zunächst mal die Zwischenetappe geschafft haben und sich das in der Kälte herumstehen doch gelohnt hat. Unser politischer Kampf gegen die sozial ungerechten Studiengebühren werden wir weiter führen.



4 Juni 2012

Wenn Ankündigungen zum Politikstil werden – dann steckt Seehofer dahinter

Ich halte es in der Politik mit dem Grundsatz, nur das zu versprechen, was ich auch halten kann oder umzusetzen in der Lage bin. Ich verspreche also keine neue Uni-Klinik für Würzburg, wie es unser Ministerpräsident Seehofer vor mittlerweile drei Jahren schon den Augsburgern versprochen hat und bis heute nicht im Ansatz umgesetzt worden ist. Viel lieber gebe ich mich mit kleinen Dingen zufrieden. So habe ich den unterfränkischen Kulturschaffenden kürzlich bei einem Meinungsaustausch zur Kulturförderung in Bayern versprochen, dass ich mich für mehr Transparenz und eine veränderte Förderpolitik im Kulturbereich einsetze und da bin ich guter Dinge, dass wir hier auch irgendwann Vollzug melden können. Erst kürzlich haben wir einen Antrag im Landtag eingebracht, der zumindest das erste Ziel anvisiert. Für Herbst 2012 will nun Kulturminister Heubisch tatsächlich mal Fakten auf den Tisch legen.



Da klotzen andere Politiker ganz anders. Seehofer verspricht den Münchnern eben mal einen neuen Konzertsaal, den Vertriebenen einen Gedenktag und den Erdingern die seit Jahnzehnten aufgelaufene Verkehrserschließung sowie dem ganzen Bayernland Schuldenfreiheit bis zum Jahr 2030. Da stelle ich zufrieden fest, Gott sei Dank bin ich kein Seehofer! Denn gibt es eigentlich einen unglaubwürdigeren Politiker in diesem Land als den Großmeister der Ankündigungen? Der den Bürgerinnen und Bürgern Schuldenfreiheit verspricht und gleichzeitig acht Milliarden Euro neuer Schulden selbst seit seinem Amtsantritt angehäuft hat. Und dann noch die Unverfrorenheit besitzt und erst am vergangenen Wochenende sich hinstellt und in die TV-Kameras mault, dass nun endlich Schluss sein müsse mit der Ankündigungspolitik.



Da hat das Spiegelgesetz sich wieder einmal bewahrheitet. Alles das, was man anderen zuschreibt, fällt auf einen selbst zurück, so dessen Gesetzmäßigkeiten. Seehofer hat sich also selbst geoutet als Großmeister der Ankündigungen. Nur hat er ganz geschickt versucht auf andere zu lenken. „Diese Ankündigungspolitikmuss aufhören. Dass man große Ziele verkündet und anschließend folgt nichts in der Tat,“ diese Worte muss man sich gut merken. Auch dann. wenn dieser Haudrauf-Politiker mit seiner Unberechenbarkeit die Öffentlichkeit verblüfft und facebook-Parties veranstaltet, sollte man sich immer vor Augen führen, dass Lügen kurze Beine haben.






Bei jeder neuen Versprechung Horst Seehofers, muss wohl wieder davon ausgegangen werden, dass es nur leere Worte sind. © Gerd Altmann/PIXELIO; www.pixelio.de


Er ist der Prototyp des Ankündigungspolitikers. Ob Konzertsaal, Gedenktag, den Zwangsarbeitern eine Entschädigung, Ankündigungspolitik ist bei Seehofer Prinzip. Im Streit um Milliardenhilfen für Griechenland war niemand so eifrig bemüht, in Interviews „Stopp-Schilder“ aufzustellen und „rote Linien“ zu ziehen wie Seehofer – um sich hinterher doch heimlich im Windschatten von Kanzlerin Merkel darüber hinweg zu setzen. Und alle paar Monate kritisiert der Parteichef die Rente mit 67. Und dann ändert sich doch NICHTS!




Einige von Seehofers Ankündigungen haben eine sehr kurze Halbwertszeit: Beim politischen Aschermittwoch vor einem Jahr tönte Seehofer noch, er werde eine Integrationspflicht für Ausländer in die Landesverfassung schreiben. Dieses Jahr war davon schon nicht mehr die Rede. Andere Ankündigungen haben eine besonders lange Halbwertszeit, sie sind quasi nicht totzukriegen: Die Pkw-Maut zum Beispiel. Alle paar Jahre bringt die CSU sie wieder ins Spiel, gerne dann, wenn Ferien sind – so wie jetzt.



Zu Seehofers cleversten Ankündigungen gehört, Bayern bis 2030 schuldenfrei zu machen. Die Realisierung lässt sich nämlich erst in 18 Jahren überprüfen. Nur in einem Punkt ist Seehofer vorsichtig geworden, was Ankündigungen betrifft. Seinen Parteifreunden verspricht er schon lange nicht mehr, 2013 Bayern wieder alleine regieren zu dürfen. Deshalb widme ich mich diesem Ankündigungs-Weltmeister auch mit diesen Zeilen. Damit Sie 2013 wissen, wen Sie wählen. Bis dahin kümmere ich mich lieber um die Kulturförderung, dass da endlich etwas voran geht. Da können Sie mich dann beim Wort nehmen.



30 Mai 2012

Staats-Sponsoring – auf wessen Kosten?

Die Bayerische Staatsregierung hat sich in ihrer Sponsoringrichtlinie gegenüber dem Landtag verpflichtet alle zwei Jahre einen Sponsoringbericht abzugeben. Das ist bei all den Geldern, die in der Vergangenheit von „Privaten“ in welcher Form auch immer und an wen auch immer (zum Beispiel Parteien) geflossen sind, nicht ganz unbedeutend, schließlich führt Sponsoring stets – ob gewollt oder ungewollt – zu Abhängigkeiten.


Nunmehr erhalten Zuwendungen in Form von Sponsoring, Werbung, Spenden oder mäzenatischen Schenkungen auch für die Finanzierung der öffentlichen Haushalte zunehmende Bedeutung. Um die Verfahrensabläufe transparenter zu gestalten und jeden Anschein von Einflussnahme auf den Staat zu vermeiden, hat die Bayerische Staatsregierung am 14.09.2010 eine Sponsoringrichtlinie erlassen, die für alle wesentlichen Formen der geldwerten Unterstützung des Staates durch Private einen einheitlichen Rahmen zur Zulässigkeit der Aktivitäten, zum Verfahren und zur Offenlegung der durchgeführten Maßnahmen (Sponsoringbericht) vorgibt. Der Bericht, der alle Leistungen an die Staatsverwaltung ab einem Wert von 1000.- Euro beinhaltet, ist es zumindest einmal Wert durchgelesen zu werden: http://www.innenministerium.bayern.de/buerger/staat/sponsoring/





Um Verfahrensabläufe von Sponsoring transparenter zu gestalten, wurde 2010 die Sponsoringrichtlinie erlassen. Fotoquelle: Erica Zingher




Besonders fällt mir dabei die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbW) als ein großer Sponsor des Kultusministeriums auf. Ohne den vbw liefe wohl Vieles in der bayerischen Bildungspolitik nicht. So etwa hat der vbw mit seinem Bildungswerk mit rund 200.000 Euro das Projekt Berufsorientierung an Mittelschulen, sprich die Erarbeitung von Gelingensbedingungen, die Durchführung Informationsveranstaltungen und den Druck von Informationsunterlagen und einen Wettbewerb mit entsprechenden Sach- und Dienstleistung zwischen dem 01.11.2010 und 31.12.2011 großzügog unterstützt. Dafür große Anerkennung an den vbw. Es sollte Vorbild sein für große Unternehmen gerade im Bereich der Bildungspolitik sich einzubringen, schließlich partizipieren sie in der Folge auch davon.


Was im Großen hier von vbw-Seite geschieht, das macht im Kleinen ein Unternehmen in Mellrichstadt sinnvoll vor. So hat die REICH-gruppe bereits seit Jahren Bildungspartnerschaften mit den örtlichen Schulen und unterstützt Nachhilfeunterricht für Schüler, lässt die Schüler am Unternehmen in Form von Praktikas partiziperen und sichert sich so bereits eine hohe Identifikation der Jugendlichen mit diesem größten Unternehmen vor Ort. Kein Wunder, dass ein ganz hoher Prozentsatz der Auszubildenden Schüler der Mellrichstädter Schulen sind. Eine sehr vorausschauende Aktion des Unternehmers REICH, den ich kürzlich besucht habe, und von der andere Unternehmer lernen könnten. Weniger fragen, was macht der Staat für mich, sondern sein Glück selbst in die Hand nehmen und umsetzen.


Doch noch ein Wort zum vbw-Sponsoring. So vorbildlich das auch ist, so kann ich mich auch erinnern, dass der vbw die 70. Geburtstagsparty von Ex-Ministerpräsident Stoiber (business-on.de/.../edmund-stoiber-geburtstag-empfang-septemb...) gesponsert hat. Wer da auf dumme Gedanken kommt …, der denkt mit!



30 Mai 2012

In jedem steckt ein Held! – Special Olympics

Die Special Olympics in München waren fürwahr ein Fest. Unter dem Motto „In jedem steckt ein Held“ feierten und sportelten bei den 8. Nationalen Sommerspielen knapp fünf tausend Menschen mit geistiger Behinderung. Begeistert empfingen die rund 7000 Zuschauer in der Olympiahalle bei der Eröffnung Bundespräsident Joachim Gauck und den Münchener Oberbürgermeister Christian Ude.

Ich freute mich als integrationspolitischer Sprecher unserer Fraktion besonders, dass ich nicht nur bei der Eröffnungsfeier selbst mit von der Partie sein konnte, sondern dabei auch rund zwei Dutzend Sportler aus dem Landkreis Main-Spessart von den Mainfränkischen Werkstätten in Gemünden und Marktheidenfeld sowie der St. Nikolaus-Schule Wombach und Marktheidenfeld und deren Betreuer traf.

Die MSP-Sportler waren aber nicht nur mit Freude bei der Sache, sondern auch mit bemerkenswerten Erfolgen: So gewann Martin Oehring aus Lohr Gold über 50 m Brust nach einem famosen Endspurt. Damit hat er sich für die nächsten Weltspiele in Los Angeles qualifiziert, bravo!

Gewinner oder Verlierer: Dabeisein ist alles bei den Special Olympics



Fünfte Ränge erreichten Alessandra Schnarr aus Lohr und Kurt Haupeltshofer aus Himmelstadt über 25m Freistil. Stefan Haas aus Fellen hatte sich mehr erhofft, trotz Leistungsverbesserung reichte es in einem stark besetzten Lauf dann nur zum sechsten Rang. Cornel Bogar aus Wombach wurde für die Teilnahme am wettbewerbsfreien Angebot geehrt. Susanne Bayer aus Lohr  schwamm ein gutes Rennen, wurde über 25m Freistil jedoch wegen Frühstarts disqualifiziert. Das war nur eine kleine Auswahl an tollen Ergebnissen.

Im Vordergrund sollte bei den Special Olympics das Dabeisein stehen. Jedoch – so habe ich mich informiert – wird auch hierbei schon mit teilweise harten Bandagen gekämpft. Eine ungute Entwicklung, wie ich meine!

Immer 6 – 8 Starter treten bei den Wettkämpfen von Special Olympics, an ihrer persönlichen Leistung in den Vorläufen gemessen, in einer Gruppe gegeneinander an. „So werden die persönlichen Leistungen der behinderten Menschen am besten honoriert“, erläuterte mir Dieter Anderlohr, Delegationsleiter der Mainfränkischen Werkstätten-Gruppe, der zusammen mit Coach Doris Hahn aus Seifriedsburg die Schwimmer betreute.

Aber neben dem sportlichen Teil gab es für die Teilnehmer noch mehr zu erleben. Auf dem Programm standen das Olympic Town, eine Auffahrt auf den Olympiaturm, ein Konzert mit der Big Band der Bundeswehr am Odeonsplatz und Sightseeing in München. In  dauernder Erinnerung bleiben wird den Teilnehmern auch der Empfang im Bayerischen Landtag, wo Präsidentin Barbara Stamm die Gruppe herzlich empfing. Insgesamt war es ein großes Erlebnis für Körper, Geist und Seele der behinderten Menschen, die von den Mainfränkischen Werkstätten und den Offenen Hilfen der Lebenshilfe Main- Spessart unterstützt wurden.


25 Mai 2012

Was treiben die Schulaufsicht und das Kultusministerium für ein Spiel?

Ich konnte es nicht glauben, was ich da im FOCUS über die Missstände an der „Schule“ der christlichen Glaubensgemeinschaft „Zwölf Stämme“ im schwäbischen Deiningen gelesen habe. Es las sich für mich wie ein Science Fiction, aber dabei ist alles Reality. Im Plenum des Bayerischen Landtages haben wir deshalb über einen Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN diskutiert, der das Eingreifen der Staatsregierung in die Machenschaften dieser Sekte mit den Kindern und die Aufklärung der Vorwürfe zum Ziel hatte.


Meiner Meinung nach hätte es eigentlich diesen Antrag gar nie geben dürfen. Denn die Missstände, die darin beschrieben werden, hätten nie entstehen dürfen. Diese sind doch nur möglich geworden, weil die Staatsregierung im Jahr 2006 nichts Manns genug war, den politischen Druck aufrechtzuerhalten und vor der Sekte und der Öffentlichkeit eingeknickt ist.



Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen: Da gibt es eine Sekte, die sich weigert, ihre Kinder in die öffentlichen Schulen zu schicken, weil sie unter anderem deren Sexualkundeunterricht und die Vermittlung der Evolutionslehre abgelehnt. Die gerichtlich verhängten Ordnungsmaßnahmen interessieren die Eltern nicht. Sie schicken ihre Kinder einfach weiterhin nicht zur Schule und missachten die Schulpflicht. Verhängte Ordnungsstrafen bezahlen die Eltern nicht und die Väter wandern dafür kurzzeitig ins Gefängnis.


Nachdem sich an der Wahrnehmung der Schulpflicht immer noch nichts besserte, wären als nächstes die Mütter mit Haftstrafen dran gewesen. Aber davor schreckte die damalige Staatsregierung zurück und genehmigte der Sekte kurzerhand eine Ergänzungsschule, in der die Eltern ihre Kinder hinter Klostermauern selbst unterrichten durften. Und das im Wissen, dass es um das Wohl und letztendlich auch die Zukunftschancen von Kindern ging.


Doch meines Erachtens ist der eigentliche Skandal hinter dem Skandal die Tatsache, dass heute Kommunen regionale Schulmodelle beantragen aber vom Kultusministerium partout nicht genehmigt bekommen. Wohingegen im Fall „Zwölf Stämme“ das Kultusministerium nahezu einen Inzest-Schulbetrieb genehmigte und über Jahre duldete. Da gelten dann scheinbar für ominöse Sekten andere Regelungen als für seriöse Kommunen.



Mehr als bedauerlich ist auch die Tatsache, dass die Schulaufsicht angeblich 10- bis 12-mal pro Jahr die Schule kontrolliert hatte und dass dieser dabei nie geschlagene und eingeschüchterte Kinder aufgefallen sein sollen. Da weiß ich gar nicht mehr was ich sagen soll. Da fallen mit nur noch die drei sprichwörtlichen Affen ein: Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Aber wenn das die bildungspolitische Zukunft Bayerns ist, dann gute Nacht Freistaat!


Hier sehen Sie meine Rede zum Antrag der GRÜNEN im Landtag:




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