All posts in Bildung

23 Mai 2011

Unterschiedliche Erwartungshaltung und breitgefächertes Meinungsbild zur Umsetzung der Inklusion

Nicht nur die Umsetzung der UN-Menschenrechtskonvention zur Inklusion kommt in Fahrt, sondern auch die Diskussion darüber. Bei drei Veranstaltungen zu diesem Thema in der vergangenen Woche erlebte ich dabei die breite Vielfalt von „das ist noch viel zu wenig“ bis hin zu „passt mir bloß auf den Erhalt der Förderschulen auf“. Klar wurde mir dabei, dass in der Bevölkerung eine riesige Erwartungshaltung zu der Beschulung von Schülern/innen mit Behinderung in Regelschulen vorhanden ist. Überrascht war nun erst mal über eine Zahl aus dem Schulamtsbereich München-Land. Dort haben sich bereits 679 Schülerinnen und Schüler aus Förderschulen für das nächste Jahr für die inklusive Beschulung an Regelschulen angemeldet. Das entspricht rund vier Prozent des Gesamtschülerpotentials  in diesem Schulamtsbezirk und liegt etwas unter meiner persönlichen Einschätzung. Ich hatte als Richtzahl einmal 10-15 Prozent geschätzt.

Umso interessanter ist die Bewertung des Gesetzentwurfes der interfraktionellen Arbeitsgruppe. Während bei einer Diskussionsveranstaltung in Ringelai im Bayerischen Wald die Bedenken vor einer zu weiten Öffnung der Regelschulen und den Folgen für Kommunen und Landkreisen in punkto Kosten, aber auch die Gewährleistung der Förderqualität oben anstanden, war das Urteil der Vertreter von Verbänden und Organisationen bei der Anhörung im Bayerischen Landtag genau gegensätzlich. Herbe Kritik an dem viel zu schwach ausgelegten Inklusions-Gesetz hagelte es hierbei vor allem von Elternverbänden und Sozialverbänden. Da war es nahezu Balsam auf die Seele, dass bei einer Tagung an der Evangelischen Akademie in Tutzing auch die Rechtsauffassung noch einmal in den Fokus genommen wurde. Demnach stellt der wichtige Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonvention lediglich einen „subjektiven Rechtsanspruch auf Zugang zur Regelschule, aber nicht auf besondere Maßnahmen dar“.  Da muss ich sagen, dann sind wir in Bayern eigentlich schon sehr weit gekommen mit dem Gesetzentwurf, denn der beschreibt „besondere Maßnahmen“.

Es ist geschafft. Der Gesetzentwurf zur Umsetzung der UN-Menschenrechtskonvention zur Inklusion wurde von der interfraktionellen Arbeitsgruppe, der auch ich als Vertreter der Freien Wähler angehöre, der Öffentlichkeit vorgestellt.



Wie dem auch sei, das Inklusionsthema wird uns noch sehr, sehr lange beschäftigen. So wollen etwa der Bayerische Gemeinde- und Städtetag gegen den Gesetzentwurf klagen, da sie das Konnexitätsprinzip, wonach der, der ein Gesetz erlässt auch zahlen muss, nicht gewährleistet sehen. Und so ganz Unrecht haben die kommunalen Spitzenverbände nicht, denn explizit ist im Artikel 24 auch die davon die Rede, dass die Umsetzung der UN-Konvention „Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen“ sei. Demnach wäre eine Drittelung der Kosten für Berlin, München und die jeweilige Kommune die logische Folge.

Insofern bin ich gespannt auf die nächsten Wochen und Monate und eine hoffentlich interessante Blog-Diskussion. Was halten Sie von der Inklusion, also der Beschulung von benachteiligten und behinderten Kindern und Jugendlichen in der Regelschule?


2 Mai 2011

Leistungsdruck in der Schule kontra Ehrenamt

Ich höre die Klagen schon seit ein, zwei Jahren von allen möglichen ehrenamtlich Tätigen. Die Kinder und Jugendlichen haben keine Zeit mehr durch den wachsenden Leistungsdruck und vor allem das G8 sich im Ehrenamt einzubringen oder beispielsweise sich an der Jugendarbeit zu beteiligen. Erschreckend genug, wie ich finde! Nunmehr liegt erstmals auch eine Studie vor, die tatsächlich das aufzeigt:

In den vergangenen zehn Jahren ist der Anteil von Jugendlichen im Ehrenamt von 37 auf 35 Prozent gesunken. Als Ursache wird unter anderem der wachsende Leistungsdruck genannt. So zeigen sich starke Unterschiede, wenn das Abitur in neun oder acht Jahren absolviert wird. Das ist mehr als alarmierend!

Keine Zeit für Parteien, Sportvereine und Naturschutz: Wachsender Leistungsdruck in Schule und Studium hält junge Menschen in Deutschland offensichtlich zunehmend von einem Ehrenamt ab. Die veröffentlichte Studie "Freiwilligensurvey" des Meinungsforschungsinstituts TNS Infratest mit dem Bundesfamilienministerium und der Bertelsmann Stiftung führen des Weiteren auf, dass zwischen 1999 und 2009 der Anteil der Aktiven unter den Jugendlichen von 37 auf 35 Prozent gesunken ist. Gründe seien das Verkürzen der Schulzeit bis zum Abitur und die Einführung des Bachelorstudiums. Mehr als 2800 Menschen im Alter von 14 bis 24 Jahren wurden dazu befragt. Der Studie zufolge sind 51 Prozent der Schüler, die in neun Jahren auf dem Gymnasium ihr Abitur machen, ehrenamtlich aktiv. Unter jenen Jugendlichen, die dafür nur acht Jahre Zeit haben, finden nur noch 31 Prozent Zeit für das Engagement in einem Verein oder andere Ehrenämter. Unter Ganztagsschülern sinkt die Quote auf 21 Prozent.

Wie bleibt hier noch Zeit für außerschulisches Ehrenamt? Foto: "Mariesol Fumy" / www.jugendfotos.de, CC-Lizenz(by-nc) http://creativecommons.org/licenses/by-nc/3.0/deed.de



Da frage ich mich ernsthaft, wo soll das noch hinführen? Wie können Vereine, Jugendorganisationen und Verbände das dauerhaft ausgleichen. Bei einem Besuch der Kolpingjugend kürzlich hatte man auch keine Patentlösung auf Lager. Alle klagen, dass Jugendliche zu wenig Selbstkompetenzen und allgemeine Wertvorstellungen haben und gerade solche Jugendarbeit ist das ideale Feld, um dort sich das anzueignen. Wenn Jugendliche unter sich sind in den so genannten Peer-Groups, dann laufen ganz andere Interaktionen ab als wenn sie nur in der Schule beisammen sind. Diese Erfahrungen haben wir doch alle in unserer Jugendzeit beim Zeltlager, beim Gruppenabend oder beim Training gemacht.

Deshalb muss zumindest die Ganztagsschule, die eine sehr sinnvolle Art des Unterrichtens in einer veränderten gesellschaftlichen Welt ist, sich hier besser einbringen. Schulkonzepte sind gefragt, die bisher in Bayern das Kultusministerium nicht lieferte, obwohl wir Freie Wähler die immer wieder angefordert haben. Rhythmisierter Unterricht etwa bei dem Wissensvermittlung sich mit spielerischen Stunden abwechseln. Und da kann durchaus auch eine Sportstunde spielerische Entspannung und Vermittlung von Unterrichtsinhalten bieten, so wie dies etwa der Schweinfurter Verein tut. Dort wird die Verbindung zwischen Schule und Ganztagsbetreuung optimal umgesetzt. Und als Ergebnis des Ganzen werden – hört hört – mehr Kinder und Jugendliche in Sportvereine ein.


22 April 2011

Nicht wirklich neue Erkenntnisse – wir brauchen mehr Lehrer um die Unterrichtsqualität zu verbessern

Wilde Vor-Osterwochen in der Bildung. Kaum ein Woche verging zuletzt, in der nicht eine Studie die andere jagte. Und als Fazit kommt nicht viel Neues dabei heraus. Fakt ist nach wie vor Bayern befindet sich leistungsmäßig was die Zahl der Schulabbrecher angeht gerade mal im Mittelfeld. Also kein Grund um in Jubel auszubrechen, sind doch gerade diese Jugendlichen unsere Problemfälle von morgen. Wenn ich da so an die vielen facebook-Beiträge denke – Gertie Fiedler allen voran – dann ist das hinlänglich bekannt. Nur – und das ist das Schlimme – es ändert sich nichts!

Das ist für mich nun wirklich ein Ansatzpunkt nach Ostern zusammen mit meiner Fraktion hier nochmal massiv zu intervenieren. Unsere Forderung, dass kein Schüler die Schule ohne Abschluss verlassen darf ist aktueller denn je! Wir sehen im Bereich der Haupt- und Mittelschule hier nur die Möglichkeit entweder einer flexiblen Abschlussklasse, sodass Schüler in einem weiteren Schuljahr ihre Defizite weiter beheben können und  somit zu einem Abschluss und gleichzeitig damit auch zu einem Anschluss in Schule oder Beruf gelangen können. Die flexible Grundschule hat bereits im ersten Jahr toll eingeschlagen, dann können wir das doch auch auf den Abschluss kopieren.

Ein weiterer Fakt ist die Tatsache, dass die Rahmenbedingungen für Bildung  im Süden Deutschlands  zwar deutlich besser, sind aber eben noch nicht gut genug! Es gibt noch viel Potenzial zur Verbesserung (siehe oben). Schlimm finde ich die Erkenntnis, dass fast alle Lehrer  nicht nur Wissensvermittler, sondern auch Wertevermittler – also echte Pädagogen – sein möchten, der schulische Alltag und die dort herrschenden Tatsachen wie z.B. zu große Klassen, zu wenig Lehrer, sie aber daran hindert. Da frage ich mich ernsthaft, wie viele Studien brauchen wir denn noch, die das Gleiche aussagen, ehe irgendetwas zum Besseren passiert. Es kann doch nicht Ziel einer Regierung sein ewig nur Mangelverwalter zu sein, wo doch in Bayern Bildung „höchste Priorität“ geniest!

Und eine weitere Tatsache aus allen Umfragen ist auch, dass der Großteil der Eltern ganz klar bundeseinheitliche Standards wünscht, so dass Kinder haben in Deutschland nicht bedeutet, beruflich nicht mehr mobil und flexibel zu sein.

Das alles sind wie gesagt keine neuen Erkenntnisse und wir Freie Wähler fordern alles dies schon lange. Das Geld für diese vielen Untersuchungen, Umfragen und theoretischen Diskussionen könnte man sich sparen und es wäre in der Bildung als Personalressource viel besser angelegt, also nicht so viel fragen, mehr handeln!

Das Bildungssystem immer nur an einer Stelle verändern zu wollen ist meist nicht mehr als ein Rumdoktern an einem kranken Patienten. Foto: Gerd Altmann/ PIXELIO



17 April 2011

Mein neuer Videopodcast zum Doppelhaushalt und der Bildungspolitik

Bildung hat höchste Priorität, das kennen wir alle! Zumeist hören wir das von unserem Kultusminister Spaenle, der in keiner Rede drum herum kommt dies am Anfang und am Ende zu erwähnen. Doch die Realität sind anders aus. Erst neulich haben wieder Hunderte von Menschen bei der Aktion Bildung 21 in München für eine bessere Bildung und für eine bessere Ausstattung der Schulen mit Lehrern demonstriert. Ein Leser meiner Seite schrieb mir dazu: „Als Vater und FW kann ich alle dort vorgetragenen Argumente unterstützen, weil Sie der Wahrheit entsprechen. Doch Spaenle bewegt sich keinen Millimeter“. Wahrscheinlich geht es nichts anders als auf die Straße gehen, denn die Politiker der Regierungskoalition sind auf diese Ohren im Maximilianeum taub. Wie anders könnte es sein, dass sich zwar die Kosten in diesem Doppelhaushalt für Bildungsausgaben wieder einmal erhöht haben, aber unter Strich davon wenig übrig geblieben ist. Wie das zustande kommt, erfahren Sie in meinem neuen Podcast!

Link: MdL Günther Felbinger informiert zur Verabschiedung des Doppelhaushalts 2011/12 in Bayern



17 April 2011

Berufliche Bildung muss gestärkt werden

Bei zahlreichen Betriebsbesuchen und Gesprächen mit Unternehmern und Betriebsinhabern höre ich immer wieder die gleichen Klagen, die da lauten mangelnde Ausbildungsfähigkeit von Schulabgängern. Es ist nahezu unglaublich, was mir da berichtet wird, grundlegende Fähigkeiten wie Lesen, Rechtschreibkenntnissen, Zuverlässigkeit, Engagement und Arbeitswille seien oft nicht ausreichend. Für uns FREIE WÄHLER war dies Anlass genug deshalb im Rahmen unserer Frühjahrs-Klausurtagung das Thema Berufliche Bildung noch einmal intensiv zu diskutieren. Mit mehreren Mittelständlern, Freiberuflern und der Agentur für Arbeit tauschten wir uns aus und waren uns in unseren Lösungsansätzen im Klaren. Ziel muss sein, dass künftig kein Schüler mehr die Schule ohne Abschluss verlässt. Um dies zu erreichen, schlagen wir die Bildung einer Flexiblen Abschlussklassen-Lösung vor, in der die Schüler individuell betreut werden müssen und ihren Abschluss mit einem Jahr verlängerter Schulzeit erreichen können. Dabei erscheint es uns wichtig, dass wieder mehr Konzentration auf die Kernkompetenzen im fachlichen und sozialen Bereich und Grundwissen gelegt wird. Hierfür ist deutlich mehr Lehrpersonal nötig, um den einzelnen Schüler gezielt fördern zu können. Dies bestätigte mir erst in diesen Tagen eine Berufsschul-Lehrerin.

Wichtig ist bereits in der Schullaufbahn, die zum Abschluss führen soll, dass frühzeitig die Zusammenarbeit und der direkte Kontakt zu den Betrieben vor Ort, um eine bessere Vernetzung zwischen Schule und Beruf zu erreichen, anvisiert wird. Mehr Praxisbezug ist dringend erforderlich. Auch das derzeitige Förder- und Zuständigkeitswirrwarr beim Übergang zwischen Schule und Beruf muss beendet werden. Beispielsweise gibt es momentan 21 verschiedene Förderinstrumente bei der Agentur für Arbeit zum Thema Nachqualifizierung. Diese teuren Reparaturmaßnahmen müssen überflüssig werden. Auch hier steht die Forderung nach deutlich mehr Personal für die Berufs- und Mittelschulen in Bayern an erster Stelle. Rund 1000 Stellen sind nach unseren Berechnungen in den beiden Schulsparten dazu nötig. Und der Zuständigkeitswirrwarr muss ein Ende haben, Bildung in eine Hand genommen werden und nicht durch zu viele Zuständigkeiten verschlimmbessert werden. Die Vielzahl der beruflichen Fördermöglichkeiten ist weder für die Betroffenen noch für Externe zu überblicken.

Die beruflichen Schulen werden weiter an Bedeutung gewinnen, müssen sie doch den schwierigen Spagat zwischen den allgemeinbildenden Schulen und dem Beruf leisten. Foto: Dr.-Klaus-Uwe-Gerhardt/ PIXELIO



17 April 2011

In der Bildungspolitik gibt es einiges zum Nachdenken…

Für uns Bildungspolitiker gab es diese Woche wieder einiges zum Nachdenken. Erst die Bertelsmann-Umfrage mit dem Ergebnis, dass rund zwei Drittel der Menschen mit dem oder den deutschen Bildungssystemen nicht zufrieden sind und nun die Emnid-Umfrage zu einem bundeseinheitlichen Zentral-Abitur, das auch 79 Prozent der Bundesbürger befürworten. Ich muss ehrlich sagen, verstehen tut dies ohnehin kein Mensch, dass es in der Bundesrepublik 16 verschiedene Bildungssysteme gibt. In meinen Augen auch ein absoluter Schwachsinn und Vergeudung von Volksvermögen. Warum wird nach jeder Landtagswahl wieder irgendwo das Rad neu erfunden? Und alles nur auf Kosten der Kinder und Jugendlichen, denn es kann mir doch keiner widerlegen, dass dies alles nur Unterrichtsversuche am offenen Herzen sind.

Aber ohne richtiggehende Not praktiziert der Freistaat Bayern dies ja schon seit vielen Jahren. Eine R6-Einführung, die zwar zum Erfolgsmodell wurde, aber das komplette Schulsystem auseinander dividiert hat mit den Folgen einer kaum mehr existenzfähigen Haupt-/Mittelschule und räumlich auseinanderplatzenden Realschulen. Eine Hals-über-Kopf-Einführung des G8 ohne Inhalte und Struktur. Und dann notwendigerweise die Mittelschulverbünde als Antwort und Folge auf die R6 mit noch unbestimmten Ausgang!

Interessant ist doch auch die Erkenntnis aus der Bertelsmann-Umfrage, dass die Menschen endlich mal Kontinuität im Schulsystem möchten und nicht ständig eine neue Sau durchs Dorf treiben möchten. Das scheint aber in der Politik immer mehr zur Masche zu werden. Wenn ich mir anschaue, dass ein zu Guttenberg ohne Not die Bundeswehr reformieren will, aber dabei das Ziel gar nicht kennt, Hauptsache Aktionismus, ob sinnig oder unsinnig! Wenn man sieht, dass gleicher Ex-Minister sich ständig in Afghanistan dem Volk zeigen muss, aber damit rein gar nichts politisch bewegt, dann ist das zu viel Show und zu wenig Politik. Und wenn dann Menschen ernsthaft von diesem KTzG behaupten, er sei authentisch, dann haben sie sich ordentlich hinters Licht führen lassen.

Nun ist die Diskussion um ein Zentralabitur in Deutschland von neuem entbrannt. Dass es langfristig kommen muss ist für mich klar, wann es passiert ist noch immer offen. Foto: Gerd Altmann/ PIXELIO



Da bin ich jetzt wirklich gespannt, wie die weitere Diskussion mit einem einheitlichen Zentralabitur oder einer sogenannten Südschiene weiter geht? Ehrlich gesagt, wäre es in meinen Augen wünschenswert, alleine schon um beim Wechsel der Bildungssysteme Schüler und Familien nicht in Zugzwang zu bringen. Doch genauso offen sage ich, dass ich mir das derzeit nicht vorstellen kann. Erst neulich hatte ich eine Mittlere Reife-Prüfung im Fach Mathematik aus Schleswig-Holstein in der Hand. Ich bin wahrlich kein Mathe-Genie und Mathe war mein stets schlechtestes Unterrichtsfach in der Schule, aber diese Aufgaben waren in längstens fünf Minuten auch von mir zu bewältigen.

Insofern wird eine Vereinheitlichung der Standards automatisch zu einer Veränderung des Unterrichts-Levels führen müssen. Und zu glauben – wie Bayerns Kultusminister Spaenle – alle müssen zu den „vorbildlichen“ Bayern aufschauen und unser Niveau annehmen, das ist doch unrealistisch bis zum geht nicht mehr! Zwangsläufig müssten wir Bayern unser Niveau etwas absenken, was in meinen Augen auch gar nicht schlimm wäre. Mein Zahnarzt hat mir kürzlich ein gutes Beispiel vor Augen geführt. Er meinte, dass damals zu seiner Zeit einer seiner Schulfreunde nach der 10.Klasse nach Hessen gegangen sei, dort Abitur gemacht habe, dann Zahnmedizin studiert habe und heute Professor an einer Universität sei. ‚Scheinbar hat es ihm nicht geschadet‘, meinte er und ich muss zustimmen. Ist es nicht die Frage, wie sich ein Student während des Studiums mit den fachlichen Dingen auseinandersetzt und diese dann und auch sich entwickelt?

Ich meine schon, dass unsere bayerischen Schulkinder ein bisschen weniger wissenschaftlicher in der Schule bedient werden und trotzdem am Ende noch Nobelpreisträger werden könnten. So wie das Beispiel meines Zahnarztes zeigt, haben viele erfolgreiche Menschen ihren Weg oft sogar erst über den zweiten Bildungsweg gemacht. Indes eine Erleichterung wäre ein einheitliches Abitur auf jeden Fall bei der Vergabe von Studienplätzen. Die würde dann gerechter ablaufen, weil die Abiturnoten besser miteinander vergleichbar wären.

Da könnte eine sogenannte Südschiene, die wir kürzlich auch schon einmal im Bildungsausschuss des Bayerischen Landtages diskutierten, unter Umständen ein sinnvoller Zwischenschritt sein. Allerdings bin ich mir nach den jüngsten Wahlergebnissen in Baden-Württemberg nicht mehr so sicher, ob die im Dezember von Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern eingeleiteten ersten Schritte zu einem gemeinsamen Abitur nunmehr noch weiter verfolgt werden können. Denn von der damaligen Einigkeit ist nicht mehr viel übrig. Durch den Regierungswechsel in Baden-Württemberg ist äußerst fraglich, ob sich das Land weiterhin an Spaenles "Südabitur" beteiligen wird. In Sachsen-Anhalt geht das Kultusministerium von der CDU an die SPD, was eine weitere Zusammenarbeit beim Südabitur eher unwahrscheinlich macht.

Nahziel soll bei diesen Bemühungen um Vereinheitlichung ein Pool von Prüfungsfragen, zunächst für Mathematik und Deutsch, sein. Aus diesen kann sich jedes Land, das ein vergleichbares Abitur plant, bedienen. Ich bin außerdem der Meinung, dass auch die Prüfungsfragen für den Mittleren Schulabschluss und für den Hauptschulabschluss ein einheitliches Niveau haben sollten.


3 April 2011

Die Schule muss die Schüler besser auf den Beruf vorbereiten

Ich muss schon sagen, diese Frau hat Power, unsere Lehrstellen-Oma Gertie Fiedler. Bei einem Besuch im Landtag haben wir uns mal wieder über die Problematik des Überganges von der Schule in den Beruf ausgetauscht. Jährlich gelingt es der resoluten Gilchingerin und früheren selbständigen Geschäftsfrau rund 100-150 Jugendlichen einen Ausbildungsplatz zu vermitteln. Meist sind dies keine alltäglichen Jugendlichen, sondern eher Schüler ohne Schulabschluss oder mit Schulabschluss, die aber dennoch durch ihr eigenes Bemühen keinen Job bekommen. Da ist dann Gertie Fiedler angesagt. Im großen Umkreis von München ist die rüstige Rentnerin deshalb noch ständig auf Achse. Und zwar nicht nur bei Unternehmern und Schulen, sondern mittlerweile auch in diversen Ministerien. Dort bringt sie dann ihre Erfahrungen aus dem täglichen Erleben an, die sie mir manchmal auch auf Facebook schreibt:

„Wir reden immer von Bildung. Was die Lehrer, Sozialpädagogen und ich für einen Ärger haben, da die Schüler Null Bock haben sich um die Ausbildung zu kümmern. Es gibt keine Eltern mehr. Die kümmern sich um nichts. Wenn ich mit den Eltern rede schütteln sie nur die Schulter. Mein Vorschlag wäre, Kindergeld kürzen und Bonuszahlung für diejenigen die ihre Kinder unterstützen. Von 3 Klassen Mittelschule haben die Hälfte noch keine Bewerbung abgeschickt. Sie gehen lieber zur Arge und kassieren 220 € ohne Arbeit. Hier muss der Staat eingreifen. Zur Zeit habe ich über 200 offene Stellen. Firmen rufen an und bieten mir Stellen an. Allerdings gibt es Schüler die den Quali nicht schaffen. Wir brauchen generell 10 Jahre, damit sie auch Älter sind und vernünftiger“.
Und Gertie Fiedler ist auf der Hut, denn in Facebook ist sie ganz aktiv und schaut auch schon mal nach dem Rechten. Irgendwann um 0:16 Uhr schrieb sie mir eines Nachts: „Habe vorher im Facebook nachgesehen, wer noch nicht im Bett ist. 6 Schüler chatten noch! - Manchmal ist man wirklich verzweifelt.“

So sieht die Realität aus. Wir als Bildungspolitiker sind da gefordert. Es sind oft die kleinen Dinge, einzelne Kettenglieder, die nicht passen. Wie läuft dies etwa mit den Fördermaßnahmen nach der Schule. Die ausbildungsplatzlosen Jugendlichen einfach in eine Maßnahme der Arbeitsagentur zu stecken, in der sie dann ein halbes Jahr nur Bewerbungen schreiben, aber dabei nicht lernen eine davon auch nur abzuschicken, nein, das kann es nicht sein! Wir brauchen auch in der Schule schon berufsvorbereitende Praxiselemente damit Schüler frühzeitig schon einmal mit der Berufsrealität konfrontiert werden. Damit sie wissen, was auf sie zukommt und nicht nach drei Tagen das Handtuch werfen, weil sie es sich ganz anders vorgestellt haben. Die Schule muss die Schüler auf die Anforderungen der Berufe vorbereiten.

Unsere Lehrstellen- "Omi" Gertie Fiedler, leicht an Ihrem typischen Kopfschmuck zu erkennen.



31 März 2011

Radioaktive Strahlung – Nicht nur die Dosis macht den Effekt

Die Berichterstattung aus dem japanischen Atomkraftwerk Fukushima zeichnet sich nicht nur durch ein völlig fehlgesteuertes Krisenmanagement aus, sondern auch durch eine mangelnde Aufklärung über die möglichen Gefahren der ausgehenden Strahlung. Nicht nur viele japanische Bürger fragen sich zu Recht, ob und wie man sich im Notfall schützen kann und was die einzelnen Strahlenwertangaben konkret bedeuten.

Strahlungsarten: Alpha-, Beta- und Gammastrahlung

Alpha-Strahlung besteht aus Alpha-Teilchen, diese wiederum bestehen aus zwei Protonen und zwei Neutronen, daher ist sie besonders stabil. Auf Grund der Stabilität und der starken Reaktionsfähigkeit mit Materie kann sie jedoch relativ leicht abgeschirmt werden. Eine Blockade kann bereits durch ein Blatt Papier oder durch die oberste Hautschicht vorgenommen werden. Gefährlich wird Alpha-Strahlung jedoch, sobald diese in zum Beispiel in Form des natürlich vorkommenden Urans in den Körper gelangt. Dann können die radioaktiven Nuklide in das Zellmaterial eingebaut werden und dort zu schweren Schäden der Zelle und des Erbguts führen. Dadurch kann Krebs ausgelöst werden.

Die durch den Beta-Zerfall von Atomkernen entstehende Strahlung wird als Beta-Strahlung bezeichnet. Sie besteht aus den leichten, geladenen Elektronen und kann entsprechend leicht im elektrischen Feld abgelenkt werden. Im Vergleich zur Alpha-Strahlung ist sie weniger gefährlich und lässt sich mit einem einige Millimeter dicken Absorber, etwa einer feinen Metallschicht, gut abschirmen. Fehlt dieser Schutz, treten schwere Hautverbrennungen auf und langfristig kann es auch zu einer Erkrankung an Hautkrebs kommen.

Gammastrahlung ist mit der von Wilhelm Conrad Röntgen entdeckten Röntgenstrahlung identisch, jedoch kurzwelliger und besitzt daher mehr Energie. Die Gefahr der Gamma-Strahlung nimmt mit der zurückgelegten Entfernung von der Strahlenquelle ab.

Maßeinheiten der Strahlenbelastung: Sievert, Millisievert

Die Maßeinheit Sievert dient zur Messung der Strahlenbelastung biologischer Organismen. Praktisch vorkommende Werte werden in der Regel in Millisievert angegeben. 1000 Millisievert entsprechen einem Sievert. Bereits eine einzelne Dosis von vier Sievert gilt  für den Menschen als tödlich. Um die beruflich bedingte Strahlenbelastung möglichst gering zu halten, beträgt der Grenzwerte in allen europäischen Ländern 20mSv pro Jahr. Für sensible Körperteile wie zum Beispiel die Linse des Auges, Lunge, Haut, Hände, Keimdrüsen oder für die Gebärmutter sind jeweils unterschiedliche Grenzwerte festgelegt.

Halbwertszeit

Unter der Halbwertszeit versteht man die Zeit, die benötigt wird, bis die Strahlungsintensität (Zahl der Zerfälle pro Sekunde) zur Hälfte abgeklungen oder in andere Produkte umgewandelt ist. Die radioaktiven Nuklide zerfallen unter Emission von Strahlung (je nach Nuklid in Alpha-, Beta- oder Gammastrahlung bzw. in  Kombination) in Elemente mit niedrigerer Ordnungszahl. Dies können wiederum radioaktive Elemente sein, die dann ihrerseits eine Halbwertzeit besitzen. Beispielsweise zerfällt bei der Kernspaltung das radioaktive Uran 235 in das radioaktive Cäsium137.


28 März 2011

Die Unheilige Allianz zwischen Jod, Cäsium und Plutonium

In den vergangenen Wochen tauchten immer wieder Meldungen über die Freisetzung der radioaktiven Stoffe Jod, Cäsium und Plutonium auf. Über die Auswirkungen der dabei entstehenden Spaltprodukte auf Körper und Gesundheit wurde bisher nur wenig berichtet. Daher beschäftigt viele Bürger die Frage: Gibt es Möglichkeiten sich zu schützen und wenn ja, wodurch?

Jod 131 und Jod 133

Jod spielt im menschlichen Körper besonders bei der Produktion der Schilddrüsenhormone Thyroxin und Triiodthyronin eine wichtige Rolle. Im Körper sind etwa 10 bis 30 Milligramm Jod gespeichert. Die Schilddrüse bietet daher auch den einfachsten Angriffspunkt für das radioaktive Jod 131, da sie nicht zwischen normalem und radioaktivem Jod unterscheiden kann. Neben dem radioaktiven Jod 131 kommt auch noch das radioaktive Jod 133 vor. Dieses hat eine Halbwertszeit von einem Tag und sendet beim Zerfall Beta-Strahlung ab. Die Reichweite in der Luft beziehungsweise im menschlichen Körper beträgt nur wenige Millimeter. Über eine sogenannte „Jodblockade“ soll die Ansammlung radioaktiven Jods in der Schilddrüse verhindert werden. Dafür muss reichlich normales Jod in Form von Tabletten aufgenommen werden, die Speicher sind daher gefüllt und für das radioaktive Jod blockiert, soweit die Theorie. Scheitert die Blockadetaktik, steigt zugleich auch die Wahrscheinlichkeit an Schilddrüsenkrebs zu erkranken.

Jod 131 und Jod 133 stellen schon allein auf Grund der großen Entfernung zu den japanischen Reaktoren und der geringen Halbwertszeit der Elemente keine Gefahr für die deutsche Bevölkerung dar.

Cäsium 137

Das radioaktive Isotop Cäsium 137 ist ein Produkt der Kernspaltung und wurde vor allem durch den Reaktorunfall in Tschernobyl bekannt, wo es in großen Mengen freigesetzt wurde. Das gefährlich an diesem Isotop ist seine strukturelle Ähnlichkeit mit dem Mineralstoff Kalium. Der Körper reichert Cäsium 137 in den Zellen an und stört dabei den Energiehaushalt der Zellen, die dann absterben. Die biologische Halbwertszeit beträgt hier zwischen 70  und 110 Tage. Das heißt, dass nach diesem Zeitraum die Hälfte des Cäsiums vor allem über die Leber und Galle ausgeschieden wird. Andererseits wird das Cäsium aber auch durch den Darm wieder in den Organismus zurückgeführt, der Teufelskreis beginnt.

Abhilfe soll eine Komplexverbindung mit dem klingenden Namen „Preußischblau“ schaffen, einer Verbindung aus Eisen, Kohlenstoff und Stickstoff. Das unter dem Namen „Radiogardase“ verkaufte, rezeptpflichtige Medikament der Firma Heyl schwemmt Cäsium und Thallium aus dem Körper. Die biologische Halbwertszeit des Cäsiums sinkt dadurch auf nur noch 40 Tage. Wird das Medikament sofort eingenommen, können 75% des verschluckten Cäsiums direkt wieder ausgeschieden werden.

Plutonium 239

Plutonium 239 ist das am häufigsten produzierte Plutoniumisotop. Seine Halbwertszeit beträgt mehr als 24.000 Jahre, es zerfällt überwiegend unter Abgabe von Alpha-Strahlung zu Uran-235. Wie alle Schwermetalle ist Plutonium hochgiftig und schädigt vor allem die Nieren. Darüber hinaus bindet es an die Proteine im Blutplasma und wird in den Knochen und in der Leber angereichert. Tödlich wirken bereits Mengen im zweistelligen Milligrammbereich.

Neben der chemischen Wirkung des Elements besteht auch noch eine hohe Gefährdung durch seine Radioaktivität, die Krebs verursachen kann. Plutonium 239 sendet Alpha-Strahlung aus, die jedoch von der obersten Hautschicht abgeschirmt wird. Diese Schutzfunktion wird bei der Inhalation giftigen Staubes oder durch die Nahrungsaufnahme konterminierter Produkte umgangen.


24 März 2011

Fehlende Entwicklung als Ursache von Störungsbildern bei Kindern – Vortrag beim Lehrertag des BLLV

Fehlende Problemeinsicht bei Eltern, ein Jahr Vorschule als neue Pflichtaufgabe und die Entwicklungspsychologie nach alter Freud’scher Prägung, wonach Störungen im Erwachsenenalter bereits im frühen Kindersalter entstehen. Piaget lässt grüßen! Die Ausnahme, hin und wieder gestörte Kinder in Kindergarten oder Schule zu haben, wird zur Regel! …Ich bin jetzt noch ganz hin und weg über diesen Vortrag "Gestörte Kinder -Schwierige Eltern" von Dr. Michael Winterhoff beim Würzburger Lehrerinnen und Lehrertag des BLLV.

Bereits während des Vortrags diskutierte ich mit dem unterfränkischen BLLV-Vorsitzenden, Gerhard Bless, über die weitreichenden Erkenntnisse des Psychologen.



Zu Beginn seiner Ausführungen hatte Winterhoff nicht zu viel versprochen und meinte, sie werden sicherlich noch einige Tage darüber nachdenken. Das ist so und alles andere wäre auch unnormal, denn das was der Kinder- und Jugendpsychiater da von „Metaebenen, zunehmenden und sich ständig verändernden Störungsbildern bei Kindern und der Ohnmacht mancher Eltern“ berichtete, das war erhellend und erschreckend zugleich. Eine Lehrstunde der besonderen Art!

"Am besten das Denken einstellen", forderte er die rund 400 Zuhörer in der Heuchelhof Mittelschule auf, und wir gehorchten. Dass es 50 Prozent der Jugendlichen in Deutschland an Ausbildungsreife fehle, das sind die nackten Zahlen aus der jüngsten Studie der Bundesregierung. Ein Ausflug in die Tiefenpsychologie erklärt uns, dass Störungen im Laufe des Lebens durch die einwirkenden Umstände und Umwelt entstehen.

Im vergangenen Jahrzehnt ist eine dauernde (Ver)Änderungen der Störungsbilder festzustellen. Als Ursache liegt eine fehlende Entwicklung der Psyche zugrunde! So kann das Urvertrauen bei einem Baby bereits in Gefahr kommen, wenn bei einem schreienden Säugling Eltern sich nicht umgehend um ihn kümmern. Ist ein Baby hingegen 8 oder 9 Monate alt, so muss es Warten ertragen können, nur so entwickelt sich Frustrationstoleranz.

Erschreckend die Zahlen und Fakten: Waren vor 15 Jahren bestenfalls zwei Kinder pro Klasse mit Störungsbildern betroffen, so ist es heute fast jedes zweite Kind! Aber nicht nur die Zunahme der Störungsbilder, sondern auch deren Veränderung schnellt in den letzten Jahren exponentiell in die Höhe.

Der Beziehungsaufbau zu einem Menschen zählt als Schlüssel zum Erfolg. Eigentlich sollte ein 3jähriges Kind in der Lage sein, seinen Gegenüber (also seine Eltern) zu erkennen und zu ihnen eine Beziehung aufbauen können. Ein 5jähriges Kind sollte in der Lage sein Konflikte auszuhalten. Von Natur aus will ein grundschulreifes Kind weiterkommen, es geht für die Eltern in die Schule. Die Phase der Internalisierung setzt im Laufe der nächsten Schuljahre ein, denn dann geht das Kind für den Lehrer in die Schule. Und mit 16 Jahren setzt dann die sogenannte Ich-Denken-Phase ein.

Aber wie sieht es bei den "modern gestörten Kindern" unserer heutigen Zeit aus? Winterhoff erzählt: "Die Kinder lassen mich auf Ansprache hin warten, sie sind verlangsamt und nicht begeisterungs- u schwingungsfähig. Das Kind weiß nicht einmal, warum es beim Psychiater ist. Es ist unwissend und hat einen Reifegrad  eines 6 bis 8 Monate alten Kindes!"

Diesen Kindern fehlt das Denksystem Hierarchie! Dies hat seine Ursache, dass die Kinder spätestens seit den 90 er Jahren von den Erwachsenen, egal ob Eltern, Erzieherinnen oder Lehrern, eher als Partner statt als Kinder im hierarchischen Denksystem angesehen werden. Diese Veränderungen sind im Wesentlichen der Veränderung des Personalschlüssels im Kindergarten, der immer mehr vorhandenen Flexibilität der Gruppen, fehlender gleicher Abläufe und eines festen Tagesprogrammes geschuldet. In den Grundschulen, so Winterhoff, dominiere zu viel Freiarbeit und wechselhafter Unterricht, sodass das Gehirn nicht in der Lage ist einen "Aufbau" zu machen. Im Alter von 10-12 Jahren müssten Kinder geführt werden, so der Referent. Es gehe um Einüben, beispielsweise benötige die Nervenzelle für die Automatisieren des Waschens und Duschens 12 Jahre um sich zu entwickeln.

Deshalb müsse man das Kind als Kind sehen, damit sich bei diesen die psychischen Funktionen ausbilden. "Unsere jetzigen Kinder mit den verschiedensten Störungsbilder sind partnerschaftlich groß geworden". Sie verfügen über keine Lernleistungsbereitschaft und sind nicht konfliktfähig. Immer mehr Kinder seien nicht schulfähig und dann sei Freiarbeit tödlich, weil die Führung und Lenkung durch den Lehrer fehle. Die Orientierung und Anerkennung müsse durch die Erwachsenen geboten werden. In den 90er Jahren ist es gewissermaßen zu einer „Machtumkehr“ gekommen, auch wird die Oma-Generation (mit dem erhobenen Zeigefinger) vermisst!

Die neuesten Störungen breiten sich deshalb so aus, weil die Beratung bei den Eltern nicht funktioniere, Eltern gar keine Einsicht zeigen und nicht verstehen, um was es gehe. Den Kindern fehle eine positiv zuweisende Gesellschaft, das "Was will ich-Was ist mein Ziel?-Denken". Eltern und Lehrer leben zu sehr in Symbiose mit den Kindern, sprich es herrsche zu wenig Abgrenzung, Kinder sind nicht beziehungsfähig, weil sie den Gegenüber nicht als (zu achtenden) Gegenüber erkennen. Das Nichterkennen des Gegenübers führe zu Respektlosigkeit! "Diese Kinder sind nicht krank, sondern nur nicht entwickelt! Es handelt sich nicht um Verweigerung, sondern um fehlende Entwicklung!“

Es gilt deshalb für Eltern, Erzieher und Lehrer zu überprüfen, auf welcher Ebene man sich befindet. Behandelt man Kinder 1. als Kinder, 2. als Partner  oder 3. will man von diesen "geliebt" werden.

Die Lösungsschritte sehen nach Winterhoff so aus: Störungsbilder erkennen. Beziehungsprogramme herstellen. Kleinere Gruppen in Kindergarten und Schule! Eine ganztägige Vorschule mit höchstens 8-12 Kindern um den Reifegrad zu erreichen! Eltern mit einer psychiatrischen Sitzung aus den Beziehungsstörungen heraus holen und ihnen die Anweisung erteilen, wie sie mit Kindern umgehen müssen. Lehrer müssen sich verbünden, die Öffentlichkeit informieren und die Politik dafür gewinnen. "Lehrer sind sehr oft in der bedauerlichen Situation, dass Kinder mit Störungsbildern sie als Lehrer gar nicht erkennen, da sie zu Hause bei den Eltern in Symbiose leben und von diesen immer Recht bekommen", so Winterhoff.

Kinder müssen Hierarchien erkennen, benötigen eine Ritualisierung, es gilt kleinschrittig zu arbeiten und Kindern Bezugspersonen zu geben. „Gestörte Kinder haben einen Entwicklungsstand eines 8-16 Monate alten Menschens und wir fordern sie als 8-12 jährige!“ so Winterhoff. „Unter diesen Gegebenheiten muss man Theken-, Offenen- und Freiunterricht in Frage stellen? Wir brauchen ganzheitliches Denken und nicht das Lernergebnis, wichtiger ist es Beziehungen aufzubauen. Es braucht eine neue pädagogische Identifikation und eine Nervenzelle für Fremdbestimmung ist nötig!“.



Viel Applaus am Ende eines beeindruckenden Vortrags von den rund 400 anwesenden Lehrerinnen und Lehrern in der Würzburger Mittelschule am Heuchelhof.





Durch die weitere Nutzung der Seite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen