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15 Februar 2012

Feinstaubbelastung in Würzburg spricht für Tunnellösung

Die Feinstaubbelastung hängt derzeit über Würzburg wie ein Damoklesschwert. Keine Woche vergeht, in der nicht neue Hiobsbotschaften über die Bischofsstadt ans Tageslicht kommen, wie zuletzt mich dazu auch ein Schreiben des früheren Vorsitzenden der Gesundheits- und Umweltinitiative, Prof. Dr. W. Völker, erreichte. Unter diesem Aspekt gewinnt die in Würzburg seit vielen Jahren diskutierte Frage, Trog oder Tunnel für die Autobahn A3, noch mal eine ganz neue Dimension.

von links: Uwe Dolata, Doris Endres und Günther Felbinger



Aus diesem Grund habe ich mich in den vergangenen Wochen nochmal mit dem Bürgerverein Heuchelhof und mit der Vorsitzenden der Gesundheits- und Umweltinitiative  Doris Endres, getroffen und führe in dieser Woche auch nochmal ein Gespräch bei der Autobahndirektion in Nürnberg. Während im Würzburger Stadtrat schon lange die Würfel für die Troglösung gefallen sind und die Stadt - wie aus Briefwechseln mit den Bürgerinitiativen hervorgeht - auch kein Umdenken erkennen lässt, kann die Diskussion meines Erachtens nur über die zweifelsfrei vorhandene enorme Feinstaubgefahr für die im Talkessel liegende Bischofsstadt erneut auf den Tisch kommen.

Zuletzt wurde der zulässige Grenzwert von 50 µg/m³ an der Messstelle Stadtring Süd an 36 Tagen des letzten Jahres überschritten. Würzburg weist damit nach München (48 Tage)und Augsburg (38 Tage) die dritthöchste Feinstaubbelastung in Bayern auf. Bekannt ist auch, dass Feinstaub Herz-, Kreislauf- und Lungenerkrankungen auslösen kann und die Lebenserwartung verkürzt. In vielen wissenschaftlichen Studien konnte gezeigt werden, dass insbesondere die sehr kleinen Feinstaubpartikel PM 2,5 zum Herzinfarkt und plötzlichen Herztod führen können.

In Würzburg wurde auch seit Jahren auf die Gesundheitsgefahren durch Feinstaub hingewiesen. Ein Luftreinhalteplan wurde installiert, jedoch zeigt sich, dass die ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichen, um die Grenzwerte einzuhalten. Mittlerweile wurde von Seiten der Stadt eine neue Initiative zur Reduktion des Feinstaubs in Würzburg gestartet. Es ist zu erwarten, dass in diesem Rahmen Maßnahmen wie die Einrichtung von Umweltzonen, Tempobeschränkungen, LKW-Verbote, intelligente Verkehrsleitsysteme und Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs diskutiert werden. Neben diesen sinnvollen Aktionen gibt es jedoch die einmalige Chance mit einer 739 Meter kürzeren Tunnellösung den jährlichen Kraftstoffverbrauch bei (berechneten 35 Mio. Fahrzeuge pro Jahr) um 4 Millionen Liter zu reduzieren.

Hauptforderung der Freunde einer Tunnellösung ist, unter den vorhandenen neuen Erkenntnissen einen neuen Kostennutzenvergleich aufstellen zu lassen, der dann vielleicht auch andere Zahlen bescheren könnte. Ohnehin ist für mich die Tunnellösung die volkswirtschaftlich sinnvollere Lösung, denn zum einen ist sie deutlich kürzer, sprich erhebliche Treibstoff- und Abgaseinsparungen, bietet neuen Entwicklungsraum für den Bereich Katzenberg und würde Würzburg erheblich in punkto Feinstaub entlasten.

Problemstellung ist allerdings die Tatsache, da bereits Baurecht vorhanden ist, darf die Autobahndirektion damit kein Büro beauftragt, sondern müsste dies hausintern vergeben. Auch interessiert mich die Frage, welche Kosten der Berechnung der Tunnelvariante seitens der Autobahndirektion zugrunde liegen? Ein weiterer wesentlicher Ansatzpunkt wäre, dass im Würzburger Stadtrat ein interfraktioneller Antrag für einen neuen Kostennutzenvergleich eingebracht werden müsste. Deshalb habe ich bei einem Gespräch auch Uwe Dolata, Stadtrat der Freien Wählergemeinschaft, mit dabei gehabt.

Offene Fragen sind auch die der Kosten der Provisorien, die wegen dem laufenden Verkehr bei den Umbaumaßnahmen vorgehalten werden müssen sowie die sicherlich zu berücksichtigende Situation von "Tank und Rast" während und nach der Umbauzeit.

Kommt in Würzburg aufgrund der Feinstaubbelastung auch bald die Umweltzone wie in anderen bayerischen Städten? Bild: GTÜ/ PIXELIO



15 Februar 2012

Sonderprogramm für Infrastrukturmaßnahmen

Infrastrukturmaßnahmen gehören im ländlichen Raum zu den bedeutendsten Maßnahmen um das Stadt-Land-Gefälle abzufedern. Alleine im Staatsstraßenbau bremst ein „Rucksack“ von fertig geplanten Projekten in Höhe von 700 Millionen Euro ein rasches Fortkommen im Freistaat. Nicht viel anders sieht es auf Bundesebene aus. Umso erfreulicher ist nun die Tatsache, dass der Haushaltsausschuss des Bundestags ein Infrastrukturbeschleunigungsprogramm in Höhe von 1 Mrd. Euro beschlossen. Damit sollen Projekte in der Zuständigkeit des Bundes beschleunigt werden.

Von diesen Mitteln sollen 600 Millionen Euro auf Bundesfernstraßen, 100 Millionen Euro auf Schienenwege des Bundes und 300 Millionen auf Bundeswasserstraßen entfallen. Nunmehr hat das Bundesverkehrsministerium  dem Verkehrsausschuss des Bundestags eine Empfehlungsliste für aus diesen Mitteln zu beschleunigenden Projekten vorgelegt. Darin sind auch einige zu beschleunigende Projekte für Unterfranken ersichtlich: Im Bereich der Straße sind hier die bereits zum Bau freigegebenen Projekte der A3 zwischen Rohrbrunn-Kauppenbrücke und im weiteren Verlauf der A3 zwischen Randersacker – Heidingsfeld (bauvorbereitende Arbeiten). Als Beschleunigungs- bzw. Verstärkungsmaßnahme ist der Abschnitt A 3 zwischen Biebelried-Randersacker im Beschleunigungsprogramm.

Im Bereich des Schienenverkehrs stehen folgende unterfränkische Bahnhöfe zur schnelleren Umsetzbarkeit an: Elfershausen-Trimberg und Hammelburg.

Rund 700 Mio. Euro sind notwendig um die noch ausstehenden Verkehrsprojekte im Freistaat abzuarbeiten. Der reguläre Haushalt sieht aber nur ein jährliches Gesamtvolumen an rund 170 Mio. Euro vor. Foto: Claudia Autumm/ PIXELIO



13 Januar 2012

Hochsubventionierter „BuFDi“ gefährdet bewährtes FSJ

Zivi war mal, und nun FSJ versus BuFDi

Junge Männer ab 18 Jahren mussten bisher zur Bundeswehr oder einen Zivildienst absolvieren. Für junge Frauen gab es eine Alternative mit dem Freiwilligen Sozialen - oder Ökologischen Jahr (FSJ bzw. FÖJ). Seit rund 30 Jahren war dies ein vielgenutzte „Orientierungszeit“ für Jugendliche, die bei den drei großen Jugendverbänden Sportjugend, Evangelische Jugend und Bund der Katholischen Jugend (BDKJ) absolviert werden konnte. Der Wegfall der Wehrpflicht reißt nunmehr ein abruptes Loch in die Angebotspalette und schmerzhaft macht sich auch in vielen Einrichtungen, die auf die Unterstützung von Zivis angewiesen waren, eine Lücke bemerkbar. Bei einem Gespräch mit den Verantwortlichen des BDKJ in Würzburg erfuhr ich zusätzlich von der Tragik mit dem konkurrierenden Bundesfreiwilligendienst (kurz BuFDi).

Eigentlich wäre es naheliegend gewesen nunmehr den etablierten und bewährten Freiwilligendienst zu forcieren. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hatte jedoch ganz andere Interessen. Nicht zuletzt um den Bestand der eigenen Behörde, das Bundesamt für Zivildienst mit 1500 Mitarbeitern, zu legitimieren, wurde kurzerhand der Bundesfreiwilligendienst  aus der Taufe gehoben. In sehr kurzer Zeit, gewissermaßen mit heißer Nadel gestrickt, wurde dazu ein Gesetz verabschiedet, um diesen Dienst ab Juli 2011 anbieten zu können.

Bereits damals äußerten die Träger des FSJ und FÖJ große Bedenken, dass mit dem staatlich organisierten BuFDi überflüssige Konkurrenz geschaffen werden könnte, der noch dazu finanziell besser ausgestattet ist. Erfreulicherweise haben sich die Bewerbungszahlen der im FSJ und FÖJ ab September 2011 sehr positiv entwickelt und sind noch einmal deutlich gestiegen.

Ganz anders die Situation beim BuFDi: Ausführungsbestimmungen waren noch nicht bekannt und Jugendlichen ist diese Dienstform noch völlig unbekannt. Statt der 35 000 erwarteten Freiwilligen für den BuFDi im Juni bewarben sich nur 3000-5000. Recht drastisch hat darauf das Bundesministerium reagiert. Die Sozialverbände sollten über die Finanzierung gezwungen werden, InteressentenInnen für das FSJ in den BuFDi umzusteuern. Konkret: ein Träger sollte nur noch Zuschüsse für das FSJ erhalten, wenn auch Stellen des BuFDi besetzt werden. Zunächst sollte dabei das Verhältnis 3 zu 2 sein, andernfalls sollten die FSJler gekündigt und in den BFD übergeleitet werden.




Diese Vorgabe schlug deutschlandweit wie eine Bombe ein und bedeutete Wortbruch gegenüber dem ursprünglich Vereinbarten, dass der BuFDi nicht auf Kosten des FSJ geschaffen werden dürfe. Es war auch gar nicht möglich in so kurzer Zeit von einem zum anderen Dienst umzuswitchen. Hinzu kam, dass Sportjugend und BDJK gar keinen BuFDi anbieten, da dies der Erwachsenenverband respektive die Caritas übernimmt. Schließlich wich das Bundesministerium von seiner harten Forderung, das Angebot im FSJ deutlich zu reduzieren und MitarbeiterInnen zu entlassen ab, erwiderte aber, das es egal sei ob Jugendliche ein FSJ oder einen BuFDi absolvieren.

Man kann sich da über derlei Unkenntnis, die schon ins Peinliche geht, nur wundern, denn dies ist nicht so. Beim FSJ wird zwischen Freiwilligen, der Einsatzstelle und dem Trägerverband ein Dreiecksvertrag geschlossen. Dabei wird der Träger zu verschiedenen Leistungen gegenüber den Freiwilligen verpflichtet, die zwar beim BuFDi möglich, aber nicht zwingend vorgeschrieben sind. Zudem schließen die Freiwilligen beim BuFDi ihren Vertrag nur noch mit dem Bund ab.

Die Sorge der Träger, die das FSJ in vielen Jahren mit Engagement und in einer hohen inhaltlichen Qualität aufbauten und auch mit ihrer vielfältigen verbandlichen Identität anbieten ist nunmehr, dass sie von einem staatlich gesteuerten Dienst verdrängt und aufgrund der besseren Förderung des BuFDi ausgebootet werden. Während die Träger beim FSJ mit 7000 Euro bezuschusst werden, wird der BuFDi mit 11 000 Euro unterstützt. Der Erfolg des BuFDi darf dennoch nicht durch die Verdrängung des bewährten FSJ, getragen durch das zivilgesellschaftliche Engagement freier Träger und die deutlich bessere Förderung, erzwungen werden.


12 Januar 2012

Qualität im Hotellerie- und Gastgewerbe entscheidend

Franken als Heimat und Mainfranken als Region sind mir bei all meinen Aktivitäten im politischen Alltag sehr wichtig. Dazu gehören auch die fränkische Wirtshaus-Kultur und der Tourismus. Beim Neujahrsempfang des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes im Landkreis Main-Spessart hörte ich mir deshalb die Sorgen und Nöte der Hoteliers und Gastwirte an und ich fand dabei viel Übereinstimmung mit unseren FREIE WÄHLER-Positionen und Forderungen für den Mittelstand: Bürokratieabbau für den Mittelstand, Qualität durch Sachkundenachweis und Kooperation in der Region waren dabei Stichworte.

Das gemeinsame Streben nach Qualität, wie dies beispielsweise vorbildlich bei der jährlichen Aktion „Frische aus Main-Spessart“ von den Gastwirten umgesetzt wird, halte ich dabei für ein wesentliches Element, um sich als Genussregion zu etablieren und somit Tourismus in die Region zu ziehen. Qualität kann nur erreicht werden, wenn auch entsprechende Aktivitäten dafür offensiv und möglichst im Verbund, wie bei o.a. Aktion, angegangen werden.

Dazu gehört meines Erachtens auch der Sachkundenachweis in Form des Gastro Management Pass (GMP) als ideales Instrument zur Dokumentation der Qualität eines Betriebes und als Gegenentwurf zur von der Politik aufgedrängten und gescheiterten „Hygiene-Ampel“. Letztere mag auf den ersten Blick durchaus sinnvoll erscheinen, jedoch birgt sie erhebliche Gefahren für die Gastronomie. Denn durch ungenügendes Personal an den Gesundheitsämtern kann sie gar nicht ausreichend flächendeckend und zeitlich flexibel verfügbar bedient und kontrolliert werden. „Bis ich da eine Nachkontrolle im Falle einer negativen Bewertung habe, existiere ich schon nicht mehr“, so die Aussage eines anwesenden Gastwirts.

Gegen ein neues Ampelchaos wenden sich die Hoteliers und Gaststättenbetreiber und setzen dabei auf einen Qualitätspass.Foto: Bernhard Thürauf/ PIXELIO



Der GMP hingegen liefert eine Aussage über nachhaltige, fundierte Kenntnisse in den Bereichen Hygiene, Recht, Unternehmensführung und Service Qualität und stellt ein von den Industrie- und Handelskammern sowie der Politik anerkanntes Instrument dar.  Bereits jetzt schauen die übrigen Bundesländer neidisch nach Bayern und sehen in diesem Qualitätssiegel einen sinnvollen Ansatz um in der Gastronomie und Hotellerie die Spreu vom Weizen zu trennen. So kann das Label „GMP“ nur von solchen Betrieben erreicht werden, die über qualifiziert ausgebildetes gastgewerbliches Personal und den IHK-Unterrichtungsnachweis verfügen. Dabei wird das gesamte Unternehmen als Team bewertet.

Aber auch die immer mehr überbordende Bürokratie ist vor allem den Hoteliers eine Last. Statistiken, Prüfnachweise und Meldenachweise machen ihnen das Leben schwer. So muss beispielsweise die Meldung einer neuen Arbeitskraft unmittelbar am Einstellungstag erfolgen. Gerade in so personalintensiven Branchen wie der Gastronomie mit ihren vielen Teilzeitkräften muss aber auch flexibel auf die Nachfrage reagiert werden können, denn selten ist im Voraus festzulegen, wie viele Arbeitskräfte tatsächlich gebraucht werden und ob diese dann auch zuverlässig kommen. Ist Letzteres nicht der Fall, muss nach bisherigen Vorschriften eine getätigte Sofortmeldung umgehend storniert werden, was wieder zu bürokratischer Mehrarbeit und zusätzlichen Kosten führt.

Welch bedeutender Wirtschaftszweig das Hotellerie- und Gastgewerbe in Bayern ist, beweisen die Zahlen. Ein Fünftel des Gesamtumsatzes in dieser Branche wird im Freistaat rekrutiert. Dieser wird zu einem Großteil in kleinen mittelständischen Unternehmen eingefahren. Wie überhaupt der Mittelstand in Industrie, Handwerk, Wirtschaft und Gewerbe rund 99,7 Prozent der bayerischen Unternehmen ausmachen und damit eindeutig die Stütze der bayerischen Wirtschaft sind. Diese Unternehmen beschäftigen drei Viertel der bayerischen sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter und leisten einen noch größeren Beitrag auf dem Ausbildungsmarkt. Im Hotel- und Gastronomiebereich sind dies rund 18 000 Auszubildende und etwa 560 000 Arbeitnehmer mit einem Umsatz von rund 12 Milliarden Euro.


1 Dezember 2011

Mehr Bürgernähe, Mitbestimmung und Transparenz durch E-Demokratie

In der heutigen Zeit werden immer mehr Daten angehäuft und die Angst der Bürger vor dem viel beschworenen, gläsernen Menschen wächst. Wir FREIEN WÄHLER setzen uns nicht nur für eine sinnvolle und die persönlichen Rechte jedes einzelnen wahrenden gesetzlichen Regelungen ein, wir gehen noch einen Schritt weiter: wir fördern und fordern mehr Mitbestimmung und Transparenz durch den Einsatz von E-Demokratie.

Sie werden zu Recht fragen, was es mit diesem Schlagwort auf sich hat?!

E-Demokratie oder ausführlicher elektronische Demokratie beschäftigt sich ganz konkret mit den Schnittstellen von Informations- und Kommunikationstechnologien und demokratischen Prozessen innerhalb eines Staats. Dabei geht es um Fragen der politischen Legitimation, aber auch um das Arbeitsfeld der (politischen) Partizipation, also der konkreten Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürger und Organisationen in politische Entscheidungsprozessen. Nicht zuletzt richtet sich das Angebot natürlich auch an die Öffentlichkeit, werden doch in der Politik Belange und Problemstellungen thematisiert, die uns alle betreffen. Was die technische Seite angeht, gibt es bereits heute ein vielfältiges Angebot von Diskussions- und Diskursplattformen über elektronische Abstimmungsverfahren bis hin zum sogenannten „Parlameter“.

Wir FREIEN WÄHLER denken dabei konkret an Liveübertragungen von Ausschusssitzungen oder nach dem Vorbild des ZDF, an ein sogenanntes „Landtagsparlameter“, des Weiteren denken wir über die Errichtung eines Bürgerausschusses nach.

Sie werden berechtigterweise fragen, ob sich so viel Aufwand in Planung, Zeit und natürlich auch in finanzieller Hinsicht überhaupt lohnt? Schauen wir doch mal zu unseren estnischen Nachbarn, die bereits einen „Online-Bürgerausschuss“ errichtet haben. Auch bei uns in Bayern sollen die Menschen zukünftig Änderungsvorschläge zu Gesetzentwürfen einbringen können, sodass wir Abgeordnete noch zielgerichteter in Ihrem Sinne entscheiden können.

Ob wir dann auch wirklich in Ihrem Sinne entschieden haben, soll zukünftig anhand eines sog. „Landtagsparlameters“ öffentlich sichtbar gemacht werden. Als Vorbild dient das „ZDF-Parlameter“. Über anschauliche und ansprechende Grafiken kann man dort schon heute nachvollziehen, wie einzelne Anträge von den entsprechenden Mitgliedern des Bundestages behandelt wurden. Werfen Sie doch einmal einen Blick auf die aktuellen Entscheidungen, die das „ZDF-Parlameter“ momentan so Kund tut, es lohnt sich!

Auch die dritte Überlegung hinsichtlich der Verbesserung der Transparenz der politischen Entscheidungen im Landtag bezieht Sie, meine lieben Leserinnen und Leser, direkt mit ein. Künftig sollen neben den Plenarsitzungen auch regelmäßig Ausschusssitzungen via Internet übertragen werden. Zwar sind diese bereits öffentlich, jedoch können sie noch nicht „on demand“ – also zeitunabhängig – von zu Hause aus verfolgt werden.

Last but not least machen wir uns auch für die Errichtung eines Transparenzregisters stark, das auf der Internetpräsenz des Bayerischen Landtags geführt werden soll. In diesem Verzeichnis sollen dann alle Interessenvertreter, die sich in ständigem Kontakt mit der Bayerischen Staatsregierung und dem Bayerischen Landtag befinden, aufgeführt werden.

So anschaulich können parlamentarische Prozesse veranschaulicht werden. Quelle: ZDF




25 November 2011

Überregulierung in Deutschland

Manchmal kann ich angesichts unserer ausgeprägten Form der Regulierung aller gesellschaftlichen und staatlichen Aktivitäten nur mit dem Kopf schütteln.
Da gibt es einige Jugendliche im Gemündener Stadtteil Hofstetten, die sich hin und wieder treffen und in einem hergerichteten Bauwagen mit dem Einverständnis der Grundstückseigentümer schöne Abende miteinander verbringen und keiner Fliege zu Leibe rücken. Nunmehr soll dies rechtswidrig sein. Da frage ich mich schon, ob wir keine anderen Probleme haben?

Andernorts beklagen wir, dass sich Jugendliche umhertreiben und aus Langeweile randalieren. Was ist hier schlimmer?
Ich erinnere mich an meine eigene Kinder- und Jugendzeit und an das sogenannte Zelten auf einem Privatgrundstück im Sindersbachtal. Es war ein Riesen-Event in den Ferien, Dutzende Jugendliche verbrachten dort Nächte, feierten und johlten. Keiner hat sich darüber aufgeregt, dass fremde Kinder unbeauftsichtigt ihre Zeit auf dem Grundstück Anderer verbrachten und sich dabei mehr soziales Lernen aneigneten als sie heute mit einigen Klicks im Internet je erreichen können.

Ist man da nicht päpstlicher als der Papst? Man sollte den Jugendlichen zugestehen weiter dort zu feiern und sich am Leben zu freuen. Überregulierung hat selten zum Erfolg geführt und schon gar nicht zu einer selbständigen Gesellschaft.

Überregulierung hat selten zum Erfolg geführt. Foto von Thomas Max Müller/ PIXELIO



21 November 2011

Einbürgerung von Kosovaren erleichtern

Es ist nicht unbedingt ein Kernthema von uns Freien Wählern, aber als integrationspolitischer Sprecher ist es mir ein Anliegen alle Menschen gleich zu behandeln. Zumal das Anliegen nicht mehr als recht und billig ist und nichts anderes als eine Gleichbehandlung der Kosovaren verlangt und eine konsequente Durchsetzung der Gesetzgebung ist. Wir haben die Staatsregierung aufgefordert, ihre Einbürgerungspraxis an die Handhabung in den anderen Bundesländern anzupassen und die Einbürgerung von Kosovaren auch ohne Entlassung aus der serbischen Staatsbürgerschaft zuzulassen. Diese Diskussion war bereits kürzlich Thema im Bayerischen Integrationsrat, in dem ich die Interessen unserer Fraktion vertrete.

Vielleicht hellen ein paar Hintergrundinformationen die Sachlage etwas auf. Denn Bayern ist neben Sachsen das einzige Bundesland, das trotz der Anerkennung Kosovos durch Deutschland von einbürgerungswilligen Kosovaren verlangt, nicht nur ihre kosovarische, sondern auch die serbische Staatsbürgerschaft abzulegen. Was einfach klingt, wird aber in der Beziehung dieser beiden zerstrittenen Staaten zu einem Marathonlauf mit feststehenden Hindernissen.

Zwar setzt eine Einbürgerung in Deutschland grundsätzlich voraus, dass der Ausländer seine bisherige Staatsbürgerschaft aufgibt oder verliert. Paragraph 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StAG regelt aber unter anderem, dass hiervon eine Ausnahme zu machen ist, wenn die Entlassung aus der Staatsangehörigkeit von unzumutbaren Bedingungen abhängig gemacht wird. Dies trifft auf die Kosovaren zu.  Schließlich liegen dem Bayerischen Flüchtlingsrat Hinweise darüber vor, dass die begehrte Entlassung aus der Staatsbürgerschaft zum Teil nur gegen die Zahlung von Bestechungsgeld möglich ist. Viele Betroffenen empfinden es im Übrigen als demütigend, den ehemaligen Kriegsgegner um die Entlassung aus der serbischen Staatsangehörigkeit zu „bitten“.

Ich bin der Meinung, wenn die restlichen Einbürgerungsvoraussetzungen vorliegen, steht einer Einbürgerung in Deutschland nichts entgegen. Vor diesem Hintergrund sollte die Bayerische Staatsregierung ihre Einbürgerungspraxis für Kosovaren erleichtern, zumal die anderen Bundesländer hier längst die Weichen richtig gestellt haben.




Die Bayerische Staatsregierung sollte ihre Einbürgerungspraxis für Kosovaren erleichtern bzw. an die Handhabung in den anderen Bundesländern anpassen. Foto von Dieter Schütz/ PIXELIO



18 November 2011

Per Online-Buchungssystem Elternsprechtage effizienter machen

Elternarbeit gewinnt für das Gelingen der Schulbildung heutzutage mehr denn je an Bedeutung. Elternsprechtage sind für die wichtige Zusammenarbeit zwischen Eltern, Lehrern und Schule deshalb von großer Bedeutung. Online Buchungssysteme für Elternsprechtage könnten dazu beitragen, dass sie für Lehrer wie Eltern entspannter stattfinden können. Doch wo da noch Hürden im Weg sind, das zeigt meine Anfrage an die Staatsregierung.

Oft sind Elternsprechtage für viele Eltern mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden. Lange Wartezeiten und nicht immer einfach zu koordinierende Besuche mehrerer Lehrkräfte machen den so wichtigen Kontakt zu den Lehrkräften nicht selten zu einem Wettlauf mit der Zeit. Online-Buchungssysteme für Elternsprechtage an Schulen könnten helfen die Wartezeiten erheblich zu verkürzen und eine effizientere Zeitplanung zu ermöglichen. Doch wie so oft liegen zwischen Wunsch und Wirklichkeit viele noch zu beseitigende Hürden. In diesem Fall ist es der Datenschutz, der bisher die Umsetzung an vielen Schulen verhindert hat.

Lesen Sie dazu die Stellungnahme der Staatsregierung auf meine Frage, welche Einschätzung bezüglich des Datenschutzes hierzu der Bayerische Datenschutzbeauftragte hat:

"Es trifft nicht zu, dass Online-Buchungssysteme für Elternsprechtage an Schulen von der Staatsregierung grundsätzlich abgelehnt werden. Bei deren Einsatz sind allerdings die einschlägigen Rechtsvorschriften zu beachten. Je nach Ausgestaltung des Verfahrens können grundsätzliche datenschutzrechtliche Bedenken gegen dessen Anwendung sprechen. Das ist z. B. der Fall, wenn über einen Link auf der Web-Seite der Schule für jedermann (weltweit) offen einsehbar ist, betreffend welche Schülerin/ welchen Schüler sich die Erziehungsberechtigten bei welcher Lehrkraft angemeldet haben. Diese Information ist jedoch nur für einen kleinen Kreis von Adressaten von Interesse – eine weltweite Streuung der Information aus Datenschutzsicht nicht erforderlich. Unabhängig davon handelt es sich bei den Buchungsdaten um Informationen, die genaue Auskunft über den Aufenthalt der Erziehungsberechtigten und Zeiten der Abwesenheit von ihrer Wohnung geben, die in falschen Händen keineswegs harmlos sind."









Online-Buchungssysteme für Elternsprechtage könnten Wartezeiten erheblich verkürzen und eine effizientere Zeitplanung ermöglichen.Foto von Gerd Altmann./ PIXELIO
















Hinsichtlich dieser Einlassung der Staatsregierung muss ich schon darauf hinweisen, dass mittlerweile die technischen Möglichkeiten dies ermöglichen, dass mit passwortgeschützten Bereichen diese datenschutzrechtlichen Bedenken erheblich reduziert bis ausgeschlossen werden können. Vor allem traue ich den computerversierten Lehrkräften an den Schulen hier mehr Knowhow zu als es das Kultusministerium aufweist. Aber wie schwer hier die bürokratischen Mühlen des Ministeriums mahlen zeigt die weitere Einlassung zu meiner Fragestellung:

"Bei Einrichtung eines Online-Buchungssystems für Elternsprechtage mit personenbezogenen Daten in einem passwortgeschützten Bereich der Schulhomepage bestehen die o.g. grundsätzlichen datenschutzrechtlichen Bedenken zwar nicht, es ist aber zu beachten, dass entsprechend den Vorgaben des Bayerischen Datenschutzgesetzes (BayDSG) eine datenschutzrechtliche Freigabe des Verfahrens und die Aufnahme des Verfahrens in das Verfahrensverzeichnis der Schule durch den örtlich zuständigen behördlichen Datenschutzbeauftragten erforderlich sind (vgl. Art. 26 und 27 BayDSG). Je nachdem, wem der passwortgeschützte Bereich zur Einsicht offen steht, sind ggf. auch Einwilligungen der Betroffenen einzuholen (Art. 15 BayDSG). Im Übrigen müssen bei Einrichtung eines passwortgeschützten Bereichs an der Schule die technischen und organisatorischen Maßnahmen getroffen werden, um den Datenschutz zu gewährleisten (vgl. Art. 7 BayDSG) – z. B. Übertragung der personenbezogenen Daten nur mit geeigneter Verschlüsselung, ausreichender Passwortschutz. Bei Speicherung personenbezogener Daten auf einem schulexternen Server ist eine Auftragsdatenverarbeitungsvereinbarung gemäß Art. 6 BayDSG abzuschließen".

Vielleicht geht es Ihnen beim Lesen dieser Sätze wie mir, es graut einem vor so vielen Vorschriften und Richtlinien. Da wundert es einem nicht, wenn hohes Engagement von Lehrerschaft nahezu im  Keim erstickt wird. Doch ich bin mir sicher, dass die wirklichen „Computerfreaks“ unter den Lehrern sich davon nicht abhalten lassen. Schließlich wissen sie jetzt, was es einzuhalten gilt und haben es mit dieser Anfrage schwarz auf weiß, sodass es nicht zur Schlussfolgerung der Staatsregierung kommen muss, die da lautet:

"Soweit eine der genannten Bedingungen an staatlichen Schulen nicht erfüllt wird, kann das Staatsministerium für Unterricht und Kultus den Einsatz des Verfahrens aus Rechtsgründen nicht billigen".








Es graut einem vor so vielen Vorschriften und Richtlinien. Foto von Gerd Altmann/ PIXELIO.












15 November 2011

BayKiBiG auf dem Prüfstand, Verbesserungen sind anzustreben

Bestandsaufnahme und Ausblick zugleich standen hinsichtlich der Förderung von Kindertageseinrichtungen beim zweiten diesjährigen Kommunalgespräch des Freie Wähler Bezirksverbandes mit Bürgermeistern, Gemeinde-, Stadt- und Kreisräten zum BayKiBiG in Würzburg im Fokus. Mit Gerhard Dix, dem Referenten des Bayerischen Gemeindetages, stand dabei ein profunder Experte Rede und Antwort in der Diskussion.

Die seit 2005 in Kraft getretene neue gesetzliche Grundlage, das  Bayerische Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz - kurz BayKiBiG, bietet seitdem für viele Kommunalpolitiker Anlass zu Diskussionen. Durch den eingetretenen Paradigmenwechsel durch die Umstellung von der ehemals Pauschalförderung auf die so genannte kindbezogene Förderung haben sich für viele Kommunen deutliche Veränderungen ergeben. Insgesamt ist das Fördersystem der Kindertageseinrichtungen sehr spezifisch und orientiert sich sehr stark an der einzelnen Einrichtung.

Ein Hauptkritikpunkt der Sachaufwandsträger, bedingt aber durch die wiederum größtmögliche Flexibilität für die Eltern bei den Buchungszeiten, ist der hohe Verwaltungsaufwand. Die Buchung und Abrechnung verursachen einen hohen Verwaltungsaufwand, da im Prinzip täglich der Gewichtungsfaktor und die Buchungszeit für jedes einzelne Kind eingetragen werden müssen, was einerseits viel Zeit in Anspruch nimmt, die andererseits den Erzieherinnen und Erziehern nicht angerechnet wird.

Problematisch bezeichnen es die kommunalen Mandatsträger auch, dass durch die schwankende Finanzierung keine Planungssicherheit für die Einrichtungen gegeben ist. Hinzu kommt, dass die flexiblen Buchungszeiten dazu führen, dass die Anstellungsverhältnisse unstabil sind. Teilzeit- und Befristungsverträge von Erzieherinnen und Erzieher haben dadurch stark zugenommen.

Dennoch wird das BayKiBiG von Experten als weitgehend positiv bewertet wie Gerhard Dix darstellte. Es hat den Ausbau der Kinderbetreuung in Bayern quantitativ wie qualitativ erheblich befördert. Nun gilt es Verbesserungen in verschiedenen Bereichen anzustreben. So fordern verschiedene Interessenverbände eine deutliche Erhöhung des so genannten Basiswertes und die Einführung einer verbindlichen Kernzeit, um einen strukturierten Tagesablauf in der Einrichtung sicherzustellen. Bereits im Mai dieses Jahres hat die Landtagsfraktion der FW daher die „Qualitätsoffensive Kindergarten“ eingebracht.

Im Rahmen dessen fordern wir ein Konzept, wie ein Kindergartenjahr für die Eltern kostenfrei gestaltet werden könnte. Langfristig sollte die gesamte Kindergartenzeit kostenfrei gestaltet werden, um auch Kinder aus bildungsfernen Schichten von Anfang an in den Bildungsprozess mit einzubeziehen und somit die Bildungschancen für alle Kinder von Anfang an gleich zu gestalten.

Des Weiteren setzt sich unsere Landtagsfraktion für die Bildung eines Fachkräftepools im Kindergartenbereich zur Entlastung des Personals ein. Zudem fordern wir im Rahmen der „Qualitätsoffensive Kindergarten“ eine Verbesserung des Anstellungsschlüssels und damit der Rahmenbedingungen. Denn der entscheidende Schlüssel zu mehr Qualität in Kindertagesstätten ist unserer Ansicht nach die Anzahl des pädagogischen Personals im Verhältnis zur Anzahl der Kinder. Bayern liegt derzeit mit 1:11,5 unter dem Bundesdurchschnitt von 1:10.

Die FW fordern überdies die Staatsregierung dazu auf, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die Vorsorgeuntersuchungen (U-Untersuchungen) für Kinder überarbeitet und aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst werden. Die U-Untersuchungen, die von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert werden, wurden inhaltlich in den 70iger Jahren konzipiert und seitdem nur in Details verändert und angepasst. Die medizinischen Möglichkeiten haben sich seitdem verändert. Die Früherkennungsprogramme sollten inhaltlich und strukturell überarbeitet und inhaltlich weiterentwickelt werden.

Auch fordern wir, Freie Wähler,  ein Konzept zu erstellen, wie in Anlehnung an die guten Erfahrungen der Projekte „KIDZ Programm“ und „Vorkurs Deutsch“ alle Kindergartenkinder Kompetenzen vermittelt werden können, die ihnen den Start in die Schullaufbahn erleichtern und damit für gleiche Bildungschancen von Anfang an sorgen.

Die immer mehr vorhandenen Auffälligkeiten bei Kindern wie ADS, Hyperaktivität, sprachliche oder motorische Entwicklungsverzögerungen, die eine intensivere Betreuung erforderlich machen, müssen sich unserer Ansicht nach in einem Gewichtungsfaktor bei der Finanzierung niederschlagen. Mittlerweile zeigen mindestens 20% der Kinder derartige Auffälligkeiten. Derzeit werden diese nur berücksichtigt, wenn sie den Grad einer Behinderung erreichen. Dann werden sie im Rahmen der Kindergartenfinanzierung mit einem Gewichtungsfaktor von 4,5 multipliziert. Dies trifft aber nur in seltenen Ausnahmefällen zu. Wir forderten deshalb von der Staatsregierung einen Bericht, wie ART 21 ABS: 5 Bayerisches Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz dahingehend geändert werden kann, dass Entwicklungsverzögerungen bei Kindern besser berücksichtigt werden. Die Antwort steht noch aus.

Ein großes Anliegen ist der Landtagsfraktion die Heilpädagogischen Fachdienste im bayerischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz zu verankern und eine ausreichende Finanzierung sicherzustellen. Auch den Forderungen einiger Verbände eine höhere Differenzierung der Förderfaktoren anzustreben stehen wir positiv gegenüber. Eine Forderung ist unter anderem die Erhöhung des Gewichtungsfaktors für Kinder unter 3 Jahren, da ein Kind von einem Jahr mehr Betreuungsaufwand bedeutet als beispielsweise ein zweieinhalb Jahre altes Kind.




Das BayKiBiG wird von Experten positiv bewertet denn es hat den Ausbau der Kinderbetreuung in Bayern quantitativ wie qualitativ erheblich befördert. Foto von Helene Souza/ PIXELIO



15 November 2011

Schultrojaner hält Landtag in Atem

Trojaner sorgen derzeit im Bayerischen Landtag für Aufsehen. War es vor wenigen Wochen ein so genannter Staatstrojaner zum Ausspähen von illegalen Informationen bei Bürgern, schloss sich diese Woche ein so genannter Schultrojaner nahtlos an. Dieser soll aufgrund einer neuen Vereinbarung zwischen der Kultusministerkonferenz und den Schulbuchverlagen zur Einführung eines Programms zur Suche nach Raubkopien auf Schulcomputern eingeführt werden. Mit mehreren Dringlichkeitsanträgen versuchte die Opposition in einer wortreichen Debatte dies zu verhindern und zumindest ein bisschen Aufhellung im Trojaner-Dunkel zu erreichen.

Diese "Plagiatssoftware" ist Inhalt eines Vertrages zwischen den Bundesländern und den Schulbuchverlagen und soll digitale Kopien von Werken, die für den Unterricht gedacht sind, aufspüren. Äußerst bedenklich ist dabei, dass angeblich weder die Landesdatenschutzbeauftragten, noch die Lehrerverbände informiert wurden. Deshalb ist die allgemeine Empörung über die geplante Einführung dieser Software durchaus berechtigt. Viele Lehrer fühlen sich einem Generalverdacht ausgesetzt. Auch wenn der Begriff „Schultrojaner“ wohl nicht zutrifft, da keine heimliche Überprüfung stattfinden würde, muss klar sein, dass ein Einsatz der Software nicht vor der Überprüfung durch den Landesdatenschutzbeauftragten stattfinden darf. Es ist zwar nachvollziehbar dass die Schulbuchverlage versuchen, nicht zulässige Kopien und den daraus entstehenden Schaden zu verhindern. Die Software muss aber auf jeden Fall den Belangen des Datenschutzes gerecht werden, vor allem wenn man bedenkt, welche Informationen auf diesen Rechnern hinterlegt sind, seien es Statistiken zu Lernstandserhebungen oder zu den Durchschnittsnoten. Der Schutz dieser Daten muss auf jeden Fall gewährleistet sein. Angesichts der aktuellen Debatte wird die Verunsicherung der Bevölkerung in Bezug auf weitere Datenskandale wieder deutlich.

In Paragraph 6 Absatz 4 dieses ominösen Gesamtvertrags wurde festgelegt, dass die Verlage den Schulaufwandsträgern sowie den kommunalen und privaten Schulträgern auf eigene Kosten eine Plagiatssoftware zur Verfügung stellen, mit welcher digitale Kopien von für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmten Werken auf Speichersystemen identifiziert werden können. Ferner wurde vereinbart, dass die Länder die technische und datenschutzrechtliche Unbedenklichkeit der Software vorausgesetzt darauf hinwirken werden, dass jährlich mindestens 1% der öffentlichen Schulen ihre Speichersysteme durch Einsatz dieser Plagiatssoftware auf das Vorhandensein solcher Digitalisate prüfen lassen.

Ist schon letzterer Punkt ein Kuriosum, wonach nämlich dann jährlich die Auswahl der Schulen erfolgen soll, so ist die grundsätzliche Frage, inwieweit mit dieser Software nicht noch über den „Kopierüberprüfungs-Zweck“ hinaus andere Daten damit abgefragt werden können. Unseres Erachtens ist deshalb zunächst einmal sicher zu stellen, dass mit dieser Software ausschließlich der Zweck des Kopierschutzes abgefragt wird und jegliche weitere darüber hinausgehende Abfragen ausgeschlossen sind.

Die Staatsregierung argumentierte in ihren Äußerungen, dass dieser Vertrag deshalb nötig geworden sei, weil der vorherige  abgelaufene gleichnamige Vertrag aus dem Jahr 2008 keine diesbezügliche Regelung beinhaltete. Und da die Verlagen bei den damaligen Verhandlungen einen insoweit vereinbarten Auskunftsanspruch über das Vorhandensein von Digitalisaten zur Voraussetzung für die weitere vertragliche Einräumung der Einwilligung zum Vervielfältigen von für den Unterrichtsgebrauch bestimmten Werken gemacht hatten, sei dies nun unumgänglich und eine solche Einwilligung nach § 53 Abs. 3 Satz 2 des Urheberrechtsgesetzes erforderlich.

Auch über den Zeitpunkt des Einsatzes hüllt sich das Kultusministerium derzeit noch im Schweigen. Derzeit wird die entsprechende Software nach den Angaben des „vds Bildungsmedien“ erst noch entwickelt. Bevor das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus eine Empfehlung an die Schulaufwandsträger zu deren Einsatz herausgeben wird, muss meines Erachtens erst einwandfrei die datenschutzrechtliche ebenso wie die technische Unbedenklichkeit festgestellt werden. Sollte die Software datenschutzrechtlich bedenklich sein, von ihr Risiken für die Schulrechner ausgehen oder sie Eigenschaften eines so genannten „Trojaners“ aufweisen, darf sie nicht zum Einsatz kommen.

Nach dem Staatstrojaner folgt nun ein Schultrojaner. Foto von Dieter Schütz/ PIXELIO



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